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Nach ihrer Abschiedsvorstellung lag Claire Watson nachts um halb eins in ihrem Garten im Liegestuhl. „Ich sah in die Sterne und dachte plötzlich: wie schön, daß ich mich nun nicht mehr der Nachtluft wegen um meine Stimme sorgen muß.“

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<h3>Claire Watsons Vita überrascht in vielerlei Hinsicht.&nbsp;<br>&nbsp;</h3><p>Unabhängig von ihren überragenden sängerischen und schauspielerischen Qualitäten erstaunen ihre lebensentscheidenden Entschlüsse, die gerade im Kontext ihrer Zeit Willensstärke und Mut offenbaren.</p><p>Fügt sie sich mit ihrer frühen Heirat und der Geburt der vier Kinder noch in das zeittypische Frauenbild der Kriegs- und Nachkriegszeit ein, so lässt bereits ihr Wunsch nach einem Abschluss ihrer musikalischen Ausbildung deutlich emanzipatorische Züge erkennen, auch wenn es natürlich zu bedenken gilt, dass sie als Vertreterin der höheren Schicht Hilfen in Kinderbetreuung und Haushaltsführung erhält und so sicherlich freier agieren kann als Frauen der Mittel- und Unterschicht.</p><p>Als sie sich mit Mitte 20 als Mutter dreier kleiner Kinder auf den Weg nach Europa macht, um an einem Austauschprogramm teilzunehmen, das ihr weitere berufliche Perspektiven eröffnet, zeigt sich eindeutig ihr Wille, als eigenständige Frau selbst über ihr Berufsleben zu entscheiden. Dieser Entschluss ist umso erstaunlicher, da die sozialen Medien jener Zeit sich auf Telefon und Briefe beschränken, der Kontakt zu ihrer Familie also nur lose sein kann. Die sich über mehrere Jahre erstreckende Auslandsphase verbringt sie weitgehend fern ihrer Familie nur auf ihren Beruf konzentriert.</p><h5>Nur kurzzeitig ordnet sie sich in der althergebrachten Rolle als Ehefrau und Mutter unter, als sie dem Ruf ihres Mannes gehorcht und in die Heimat zurückkehrt.&nbsp;</h5><p>Umso größer erscheint dann durch das Votum für ihre Berufstätigkeit der Bruch mit dem herkömmlichen Frauen- und Familienmuster. Dass sie als Ehefrau und Mutter nicht nur den Ehemann, sondern auch ihre drei halbwüchsigen Kinder zurücklässt, um in Europa allein auf sich gestellt eine künstlerische Berufslaufbahn einzuschlagen, widerspricht ganz und gar dem weiblichen Idealbild der 1950er Jahre. Welche Courage und welche Willensstärke zu diesem entscheidenden Schritt nötig waren, ahnt man angesichts des damals vorherrschenden Frauenbildes, das die Frau in erster Linie als Ehefrau und Mutter definiert. Zudem erstaunt die Wahl des Einwanderungslandes, das kriegszerstörte Land des noch vor kurzem erbittert bekämpften Feindes.</p><p>In den folgenden Jahren baut sich Claire Watson nicht nur ein solides berufliches Fundament auf, sondern arbeitet an einer internationalen Opernkarriere, die sie in viele Länder der Welt führt. Die Gastauftritte in anderen Ländern bedeuten eine regelmäßige Absenz von ihrem Wahlheimatort und damit auch eine immer wiederkehrende Trennung von ihrem Mann und ihren zwei Kindern in Bayern. Sie muss in diesen Zeiten der Abwesenheit nicht nur die Kinderbetreuung organisieren, sondern auch den Haushalt.</p><p>Nach ihrer Eheschließung mit David Thaw nimmt sie einen Doppelnamen (Watson-Thaw) an, was Mitte des 20. Jahrhunderts äußerst ungewöhnlich ist, erwartet man doch allseits, dass die Frau den Namen ihres Mannes annimmt. Als Künstlernamen behält sie sogar den angeheirateten Namen „Watson“ bei.</p><p>Da Claire beruflich wesentlich erfolgreicher ist als ihr Mann, verdient sie auch mehr und bestimmt die Geschicke in Haus und Familie. Das ist auch in den 1960er und 1970er Jahren noch sehr ungewöhnlich, vor allem wenn man bedenkt, dass in jenen Zeiten die Ehefrau dem Gesetze nach nicht einmal selbst über ihre Berufstätigkeit entscheiden kann und ohne die Zustimmung ihres Ehemannes kein eigenes Konto führen darf. Anders als in den meisten anderen bundesdeutschen Familien ist hier der Ehemann finanziell von seiner Frau abhängig.</p><h5>Claire Watson führte ein selbstbestimmtes Leben als Frau, Mutter und Künstlerin.&nbsp;</h5><p>Obwohl im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts in einer chauvinistischen Zeit geboren und aufgewachsen, schaffte sie es, die Fesseln des typisch weiblichen Daseins abzustreifen und ein selbst noch im heutigen Sinne modernes, emanzipiertes Leben zu führen – und das auch noch äußerst erfolgreich!</p>

Claire Watson war eine eine emanzipierte Frau und  Künstlerin, die durch manche Entscheidungen überraschte.

Ihrer Zeit voraus

Künstler

Claire Watson

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