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Paris - MontmartreWie wir aus der Biografie der Malerin wissen, unternahm Hansl Bock in den 20er Jahren gemeinsam mit ihrem Lehrer Julius Seyler eine Reise nach Paris. Unterschiedlichen Quellen zufolge war das entweder 1924 oder aber 1927. Da die zugänglichen Paris-Bilder der Künstlerin jedoch entweder 1927 oder 1929 entstanden sind, liegt die Vermutung nahe, dass der Beginn der Reise wohl eher in das Jahr 1927 fällt. In Paris beginnt eine äußerst fruchtbare und spannende Phase im Werk der Künstlerin. Gemeinsam mit Seyler unterhält sie ein Atelier. Sie setzt sich mit den Werken der großen Maler der klassischen Moderne, jenen von Henri Matisse, Paul Gaugin und Maurice Utrillo auseinander. Ihre Malweise ist expressiv, die Farben beginnen zu leuchten, der Pinselstrich wird lebendig, kurz und strichelig. Das hier gewählte Motiv, sehr wahrscheinlich ist es ein Blick in die Rue de l´Abreuvoir am Montmartre, war ein äußerst beliebter Ansichtspunkt für die Maler der Zeit. Allein von Maurice Utrillo gibt es zahlreiche Ansichten dieser Straßenkreuzung zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten. Hansl Bock fängt in ihrem Bild eine umtriebige Szenerie ein, wohl mitten am Tage. Fußgängergruppen, ein Karrenwagen mit Pferd oder Esel, ein Automobil und eine traversierende, die Kreuzung überquerende schwarze Katze, beleben das Motiv. Die Straße, welche sich im Halbrund um eine hohe Mauereinfassung legt, gleicht einem großen, offenen Platz, dessen Fläche sich von links kommend in der Form eines Rechtecks als Bühne für das Geschehen gleichsam anbietet. Die Wahl für die Farben der Häuser, die sich vom Vordergrund rechts hinauf eng aneinander schmiegen, ist bunt. Blau, Rosa und Gelb folgen aufeinander. Der Charakter der Großstadt Paris nimmt hier das typisch dörfliche Flair des Montmartre an, mit idyllischer und beschaulicher Wirkung. Die Natur bleibt zurückgedrängt hinter den Mauern und zeigt sich bei den Bäumen teils belaubt mit üppigem Grün, teils auch kahl. Deren Äste zeichnen schwarze Lineaturen in den zartblau gehaltenen Himmel über der Stadt. Die Künstlerin wählt zwar eine nach oben und hinten fluchtende Perspektive, so verjüngt sich etwa die Straße nach oben und hinten links im Bild, um dort schließlich ganz zu verschwinden. Dennoch gerät das Gemälde im Gesamten flächig. Hansl Bock knüpft hier gekonnt an die Erfindungen der Fauvisten und Expressionisten an, welche sich zugunsten der Bildwirkung einer akademisch korrekten Verwendung der Perspektive verweigerten. Im Gemälde der Künstlerin, so scheint es, neigen sich die Häuser wie im stillen Zwiegespräch einander zu. Gerade Wände und Winkel sucht man vergebens. Neben den ausdrucksstarken Farben ist es aber genau das, was diesem Bild Spannung sowie einen besonderen Reiz verleiht. Text: Dr. Ulrike Reinert
Ansicht von PassauFür den Blick über Passau wählt die Malerin einen erhöhten Standpunkt, vermutlich vom Aussichtspunkt der Veste Oberhaus aus gesehen. Auf diese Weise entfaltet sich im Bild ein üppiges Panorama der Stadt mit dem Blick über die Donau hinweg auf eine der prominentesten Kirchen der Stadt, den Dom St. Stephan am linken oberen Bildrand. Die Stadt Passau war Hansl Bock damals bereits bestens bekannt. Ab 1919 besuchte Sie dort ihre Freundin und Malmitschülerin Paula Deppe, mit der sie die besten Ansichten der Stadt kennenlernen konnte. Entstanden ist das großformatige Städtebild im Jahr 1930, also zu einer Zeit, in der die Künstlerin bereits zu ihrem Stil gefunden hat. Nach ihren malerischen Anfängen, wo sie noch Orientierung suchte und verschiedene Einflüsse, wie etwa jene der französischen Malerei, in Hansl Bocks Gemälden der späten 10er und frühen 20er Jahren sichtbar werden, ist sie nun künstlerisch sicher geworden. Der Bildaufbau mit den großen Diagonalen, in welche sich das Stadtpanorama eingespannt zeigt, ist souverän gewählt und erzeugt Spannung. Die Malerei ist breit, pastos und expressiv. Mit dickem Pinsel werden die Farben aufgetragen. Lebhaft, fast schillernd oder funkelnd wie ein eingefasstes Schmuckstück wirkt der architektonische Ausschnitt der bunten Hausfassaden, die sich wie hingeworfene Würfel hintereinander und nebeneinander vor dem Blick des Betrachtenden aufbauen. Kräftige Ockertöne, helle und zarte Grünnuancen und immer wieder ein leuchtendes Blau als Akzent, vor allem um die im Schatten liegenden Partien zu betonen, beherrschen das Bild. Charakteristisch für Hansl Bocks gereiften Malstil sind die breit nebeneinander gesetzten Pinselstriche, welche der Oberfläche des Gemäldes zusätzlich eine Qualität der Lebendigkeit verleihen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich teils nahezu abstrakt wirkende Areale. Als weiteres Spannungsmoment, auch um Dynamik und Bewegung mit in das Bild hereinzuholen, dient im Vordergrund ein Lastkahn oder Ausflugsschiff, vermutlich ist es ein Raddampfer, ein von Hansl Bock gerne gewähltes Motiv, das sie auch in ihren frühen Paris-Bildern und in mindestens einer weiteren Ansicht von Passau verwendete. In der Entstehungszeit des Gemäldes befanden sich an dieser Stelle der Stadt die Landestege der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, von Hansl Bock schlicht als ockerfarbene Flächen, links vom Schiff aus gesehen, angedeutet. Im Gesamten zeigt uns die Malerin in ihrem Gemälde ein ausdrucksstarkes Städteportrait, welches in großzügiger Weise die architektonischen Gegebenheiten des Ortes zwar erfasst, jedoch ohne sich allzu sehr in naturalistischen Details zu verlieren. Text: Dr. Ulrike Reinert
SchneelandschaftNachweislich war Hansl Bock durch die (Stief-)Eltern in Bayern viel unterwegs, vor allem am Ammersee durch den Kontakt zu Adolf Münzer. Es liegt nahe, dass sie auch weitere Ausflüge im Südbayerischen zu bestimmten, malerisch interessanten Landschaftspunkten unternommen hat, wie dieses Bild beweist. Beim Bergmassiv im Bild könnte es sich um eine Teilansicht der Kampenwand handeln (Nordseite von Aschau aus gesehen) oder um den Hochstaufen bei Bad Reichenhall. Es ist ein Winterbild mit tiefverschneiter Landschaft. Vom Vordergrund des Bildes führt ein leicht abfallender Hügel in sanfter, welliger Bewegung zum Bauerngehöft in der Bildmitte, von dort aus öffnet sich der Blick nach rechts, über eine Talsenke, hinüber zu den schneebedeckten Berggipfeln. Malerisch verschränkt Hansl Bock auf diese Weise zwei Bildebenen: Vordergrund und Hintergrund schieben sich keilförmig ineinander – ein klassisches Mittel in der Malerei um Tiefenraum zu schaffen. Die sich kreuzenden Konstruktionslinien treffen sich dabei im Bedeutungszentrum des Bildes, welches sich bei genauerem Hinsehen erschließt: fast exakt in der Bildmitte ist ein Kreuz auf einem Zwiebeltürmchen zu erkennen. An dieser Stelle befindet sich offenbar eine kleine Kapelle, verborgen im Wald, welche die Malerin subtil in das Bild rückt. Dieses religiöse Zeichen, in Verbindung mit der winterlichen Landschaft und dem einsam gelegenen Gehöft stellt das Gemälde in einen größeren ikonographischen Kontext aus Werden und Vergehen, Leben und Tod. Die Bilder von Hansl Bock sind meist gekennzeichnet durch die Abwesenheit des Menschen. Ihr Oeuvre, auch wenn es vereinzelt Darstellungen von Badenden an den Seen (v.a. Ammersee) gibt, besteht vorwiegend aus (Blumen-)Stillleben und aus Darstellungen von Landschaften, sowie Städtebildern, in denen Menschen eher selten vorkommen. Wollte man dieses Gemälde weiter interpretieren, so steht hier das von Menschenhand geschaffene Gebäude einsam der großen Weite und winterlichen Kälte der Natur gegenüber. Möglicherweise ein Spiegelbild, sowohl biographischer, wie auch zeitgeschichtlicher Begebenheiten. Bei der farbigen Gestaltung orientiert sich die Künstlerin unter anderem an den Lehren der Impressionisten: so gestaltet sie etwa die Schattenpartien farbig, in Tönen von Grau und Gelb. Auch die Berge im Hintergrund, die obere und hintere Partie des Gemäldes, wurde mit einer besonders lebhaften Farbgestaltung bedacht. Hier greift die Malerin, bei einem sehr pastosen Farbauftrag und den bereits bekannten strichelig hingesetzten Pinselstrichen, zu feinen Nuancen von Grün und Rosa-Tönen. Versucht man das Bild zeitlich einzuordnen, dann könnte das ein Hinweis sein. Denn sowohl die Malweise, wie auch der farbige Gesamteindruck dieser Landschaft entspricht der Palette, welche Hansl Bock bereits in ihrem Passau-Bild aus dem Jahre 1930 verwendete – möglicherweise stammt dieses Bild auch aus jener Zeit. Text: Dr. Ulrike Reinert
Bahnhof Neunkirchen - WandbildIm Jahr 1924 erhielt Otto Weil, der noch immer über beste Kontakte in seine Heimatregion verfügte, einen großen Auftrag - ein Wandbild für die Schalterhalle des Neunkircher Bahnhofs anzufertigen. Das Bahnhofsgebäude, von dem es heißt, es habe als der schönste Bahnhof der Eisenbahndirektion des Saarlandes gegolten, war 1923 fertiggestellt worden. Dank eines Artikels in der Neunkircher Volkszeitung vom 26. Mai 1924 können wir uns eine Vorstellung von diesem Wandgemälde machen. Im Text ist die doppelte Funktion des mit 4 x 10 m monumentalen Bildes erklärt und es folgt eine ausführliche Beschreibung: „Den Mittelpunkt bildet der Typ eines modernen Warenhauses, das sich auf einem Sockel erhebt, auf dem die Reklame der Firma Joseph Levy Wwe. angebracht ist. Nach diesem Bau streben von beiden Seiten Figurengruppen, die sich in linearer und farbiger Komposition dem strengen architektonischen Aufbau des Mittelfeldes anpassen. Es sind die charakteristischen Typen des Saargebietes aus den verschiedenen Erwerbszweigen. Im Hintergrund erscheint als Silhouette das Hüttenwerg Neunkirchen und die Grube Reden.“ Otto Weils Werk ist leider nicht erhalten, da der Neunkirchner Bahnhof bei einem Luftangriff am 27. Mai 1944 weitgehend zerstört wurde. Da das Wandbild bereits 1924 ausführlich in der Presse beschrieben wird, kann Weils Umzug nach Saarbrücken 1928 nicht mit diesem Auftrag zusammenhängen. Es ist aber denkbar, dass er dadurch größere Bekanntheit erlangte und daher wieder in seine Heimatregion übersiedelte.
Selbstbildnis am AmmerseeDer Maler Otto Weil hat sich mehrere Male selbst porträtiert. Aus Familienbesitz stammt ein Gemälde, das den Maler vor der Kulisse des Ammersees und der dahinter aufragenden Berge zeigt. Direkt am vorderen Bildrand steht Weil, im Format des Brustbilds, dem Betrachter unmittelbar gegenüber. Sein wacher, beobachtender Blick ist aus dem Bild gerichtet, er trifft das imaginäre Bildmotiv, auf das der Maler schaut, ebenso, wie den Blick des Rezipienten. Der obere Bildrand und die rechte Ecke werden durch die grünen Blätter eines Baumes gerahmt, der den Künstler im Vordergrund von der weit dahinter liegenden Landschaft trennt. Über die Felder hinweg, zum Baumbestand am Ufer, führt der Blick weiter über den See ans andere Ufer. Otto Weil erzeugt geschickt einen weiten Zug in die Tiefe. Der Künstler trägt ein gestreiftes Hemd mit schwarzer Fliege, eine gemusterte Weste und einen Hut. In seiner linken Hand, die vom Bildrand angeschnitten ist, hält er einen Skizzenblock, auf dessen Rückseite sich ein Blumenmotiv zeigt. Mit der Rechten führt er ein Zeichengerät, mit dem er sein Bildmotiv aufnimmt. Hier zeigt sich der Maler bei der Arbeit in seiner selbstgewählten neuen Heimat am Ammersee, die ihm zahlreiche Anregungen bot. Das Bild weist unterhalb des linken Auges eine Beschädigung auf, was der Wirkung dieses überaus frischen und ausdrucksstarken Selbstbildnisses jedoch keinen Abbruch tut.
Johanna Speckner mit KorallenketteOtto Weil war zwei Mal verheiratet. Seine erste Gattin Elvira Herde war 1919 in Folge einer „Gehirngrippe“ verstorben, wie aus der Sterbeurkunde zu entnehmen ist. Am 29. August 1921 heiratete er die Elfenbeinschneiderin, Goldschmiedin und Kunstgewerblerin Johanna Speckner. Mit ihr lebte der Maler in Holzhausen am Ammersee. Mehrmals porträtierte er seine Frau, die kurz Hanna gerufen wurde. Aus der Zeit um 1925 datiert dieses repräsentative Gemälde, das sich noch heute im Familienbesitz befindet. Im gemusterten Sessel aufrecht sitzend, den rechten Arm auf die Lehne gelegt, den aufmerksamen Blick auf den Betrachter gerichtet, erscheint die junge Mutter ruhig, fast würdevoll. Hinter ihr ist schemenhaft die Zimmerwand und die untere linke Ecke eines großen gold-gerahmten Ölgemäldes zu sehen, rechts hinter dem Sessel sieht man die Ecke des Raumes. Mit wenigen roten Akzenten, wie der Kette und dem links unten sichtbaren Fußboden, schafft Weil geschickt komplementäre Kontraste zu den vorherrschenden Grüntönen. Dieser Farbklang wird dominiert durch das changierende Kleid mit dem weißen Kragen im Zentrum des Bildes. Die auffallende lange Korallenkette existiert noch im Familienbesitz. In lockerer Malweise schafft Weil ein ebenso lebendiges, wie repräsentatives Porträt der jungen Frau.
Georgine Steinlechner1924 porträtierte Clara Ewald die damals 20-jährige Georgine Steinlechner, die Tochter eines Bootsbauers aus Utting. Als Schulterstück oder Büstenporträt malte Ewald die junge Frau in hellen Gelb- und Rosétönen. Diese zarten Valeurs bilden einen schönen Kontrast zu dem dunklen Haar, das die junge Frau hochgesteckt und in der Mitte gescheitelt trägt. Das rosige Gesicht mit den schön geschwungenen Lippen und dunklen Augen erscheint im Licht, während der Hals verschattet im runden Ausschnitt mündet. Kleid, Inkarnat und Hintergrund sind annähernd monochrom wiedergegeben. Die Malweise ist leicht fleckig aufgelöst. Der Kopf ist etwas aus der Bildmitte nach links gerückt und nach oben gedreht. Georgine Steinlechner blickt melancholisch, sinnend und träumerisch in Richtung des Betrachters. Vielleicht ein Hinweis auf ihre unerfüllte Liebe zu einem jungen italienischen Marineoffizier.
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Georg Lacher„I möcht di so, wias d' allerwei rumlaufst!“ Clara Ewald hat nicht nur Bildnisse als Auftragsarbeiten ausgeführt, sondern immer wieder auch Menschen angesprochen, deren Physiognomie sie interessierte und sie eingeladen, ihr Modell zu sitzen. Von einer solchen Begebenheit berichtet 2002 die Holzhauserin Helene Lacher. Eines Tages habe die Malerin Georg Lacher, einen alteingesessenen Bauern, in ihr Atelier in der Ammerseestraße 1 gebeten. „Auf ‘m Buidl is da Vater vom Sepp, von da Ewaldin g'mal'n. Da hat er g'schimpft, weil sie g'sagt hat, sie will eam mal'n. Er soi nunterkomma.“ Der Angesprochene folgte der Einladung scheinbar eher widerwillig, hatte sich aber für sein Porträt extra fein gemacht. „Im Tracht'nanzug, an g'scheit'n Huat hat a aufg'habt - und dann hat s' eam hoamg'schickt.“ Die Künstlerin reagierte unerwartet und schickte Lacher wieder nach Hause. Sie wollte ihn nicht in seinem Sonntagsanzug malen, sondern so, wie er täglich unter der Woche gekleidet war. "Du gehst hoam und ziagst di so an, wie du de ganze Woch' rumlaufst!" Da hat a des oide Hemad und den oid'n Huat aufsetz'n miassn. Erst dann hat s' eam g'mal'n. "Weil im Sonntagsanzug mal' i de net", hat s' g'sagt "i möcht di so, wias d' allerwei rumlaufst", so berichtet Helene Lacher. Clara Ewald interessierte sich für das Lokalkolorit und das Alltagsleben ihrer Holzhauser Mitbürger. Sie wollte das Typische und Charakteristische, die ausgeprägten Physiognomien, einfangen.
Nach dem AmtEduard Selzam wählte als Schauplatz für sein Gemälde „Nach dem Amt“ den Platz vor der Kirche St. Jakob in Schondorf. Der romanische Tuffquaderbau aus der Mitte des 12. Jahrhunderts ist eines der ältesten, noch weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltenen Bauwerke in der Region. Die doppelgeschossige Kirche mit ihrem auffallend großen Dachgeschoss wurde 1149 von dem Schondorfer Adeligen und Ministerialen Chounradus gegründet. Im Jahrtagsverzeichnis von Diessen wird Chounradus gelobt: „… der die Kirche in lobenswerter Weise mit Kunstfertigkeit errichtet hat.“ Die Kirche verfügt über ein unterirdisches Gewölbe und das rechteckige Langhaus weist eine etwas eingezogene halbrunde Apsis auf. Dieser Ort hat auch eine persönliche Bedeutung für den Maler Eduard Selzam. In unmittelbarer Nähe steht bis heute das Wirtshaus Post. Seine Ehefrau Agathe war die Tochter des Postwirts. Vor dem Eingang an der südlichen Langseite der kleinen Kirche, deren Mauerwerk gut sichtbar ist, sind mehrere Bildfiguren zu sehen: ein älterer Bauer und Frauen in sonntäglicher Tracht. Am rechten Bildrand ist eine weitere Bildfigur schemenhaft zu erkennen, sie wurde vermutlich später übermalt. Rechts im Vordergrund geht eine junge Frau. Sie blickt aus dem Bild, ihr Gesicht ist dem Betrachter zugewandt. Sie trägt ein schwarzes Jäckchen über einer hochgeschlossenen Spitzenbluse, einen Rock in einem dunklen rötlichen Farbton und rot schwarz gestreiften Details. Eine Haube mit kleinem Schleier umrahmt ihr Gesicht, das Gebetbuch und einen Rosenkranz hält sie in der rechten Hand. Vermutlich handelt es sich um Agathe, die spätere Ehefrau des Malers. Hinter ihr ist eine ältere Frau im Profil zu sehen. Die weiße Bluse mit den bauschigen Ärmeln steht im Kontrast zum schwarzen Kleid. Eine weitere Frau tritt aus dem rundbogigen Portal der Kirche heraus, die rechte Hand am Geländer, steht sie auf der zweiten Treppenstufe. Links von der Mittelachse ist ein alter Mann auf einen Stock gestützt zu sehen. Er fasst sich mit der linken Hand an die Hutkrempe. Auffallend sind die derben Schuhe des Bauern. Links vom unteren Absatz der Treppe sitzen eine junge Frau mit weißer Schürze und eine weitere weibliche Bildperson, die in ihr Gebetbuch vertieft ist. In seinem Werk „Nach dem Amt" schildert Selzam die Minuten nach dem Gottesdienst, in denen die Kirchgänger auseinandergehen.
Bild eines kleinen HundesDieses frühe Blatt belegt die Begabung des erst 15-jährigen Knaben. In seiner Bleistiftskizze konzentrierte Eduard Selzam sich gänzlich auf den Kopf des Hündchens. Mit treuem Blick und leicht schief gelegtem Kopf blickt der wuschelige Vierbeiner sein Herrchen an. Selzam fängt die offensichtlich enge Bindung zwischen ihm und seinem kleinen vierbeinigen Freund anschaulich ein. Der ovale Bildausschnitt, der durch ein Passepartout freigegeben wird, erinnert an ein Medaillon und gibt dem kleinen Blatt einen privaten Charakter. Unterhalb der Zeichnung in der Bildmitte hat der junge Zeichner in einem goldfarbenen Oval mit Sz gezeichnet und das exakte Datum 18.12.1874 vermerkt.
Martha zu PferdeAuf dem Gemälde zu sehen ist die Schwägerin von Eduard Selzam, Martha von Selzam, geb. Schmitt (1873-1951). Martha, die in Milwaukee, Wisconsin, als Tochter des Kaufmanns und Drogeriebesitzers Edward Schmitt aus Hersbruck und der Mainzerin Clara Marcel geboren wurde, hatte 1897 Eduards jüngeren Bruder Carl geheiratet. Dargestellt ist sie im schwarzen Reitkostüm mit blütenweißem Brusttuch und weißen Reithandschuhen. Sie trägt die Haare der Mode dieser Zeit entsprechend hochgesteckt, darauf einen kleinen Hut in Form einer Melone. Begleitet wird die elegante Dame auf ihrem Ausritt von einem schwarz-weißen Windhund, einem Barsoi. Sie sitzt auf einem glänzenden schwarzen Rappen mit heller Blesse auf der Stirn und hält die Zügel in beiden Händen. Ihr ruhiger Gesichtsausdruck, die elegante Erscheinung und die tadellose, aufrechte Haltung weisen sie als Dame der höheren Gesellschaft aus. In die Diagonale gestellt werfen die Beine des Pferdes Schatten auf den sonnenbeschienenen Weg. Pferd und Reiterin stehen vor einem Gras- oder Schilfgürtel. Im oberen Teil des Gemäldes steht eine Reihe horizontal aufragender Bäumchen mit dünnen Stämmen, die vor einem zartblauen Himmel emporragen. Erkennbar ist eine leicht impressionistische Tendenz sowie das Spiel von Licht und Schatten im unteren Teil des Bildes. Im Bildhintergrund bemerkt man eine eher jugendstilhafte Stilisierung.
Portrait von AgatheFür das kleinformatige Bildnis seiner Frau Agathe wählte Eduard Selzam einen engen Bildausschnitt. In der Art einer Büste zeigt er ihr Gesicht im Dreiviertelprofil und ihre Schultern vor einem unbestimmten beigefarbenen Hintergrund. Die junge Frau hat eine frische Gesichtsfarbe und leicht gerötete Wangen. Ihr Bildnis erscheint lebenswahr und nicht idealisiert. Der Blick geht am Betrachter vorbei und scheint auf etwas ihr Gegenüberstehendes gerichtet. Mit Ausnahme des Hauttons und des Hintergrunds bestimmt der Akkord von Rot und Schwarz das Gemälde. Sie trägt ein hochgeschlossenes Kleid mit dunklem Kragen und eine Haube mit einem kurzen hauchzarten Schleier, der ihre Physiognomie rahmt.
Die ScheppalleeDie Städtische Kunstsammlung Darmstadt, die vom Institut Mathildenhöhe betreut wird, besitzt ein Ölgemälde von Eduard Selzam, „Die Scheppallee“, das die Inventar Nummer 5MA trägt. Es ist rückseitig oben rechts mit EDUARD SELZAM signiert. Selzam malte die Ansicht eines Naturdenkmals seiner Heimatstadt, einer Allee mit 160 Kiefern. Da diese zumeist verkrüppelt waren und schief standen, erhielt die Allee den Namen Scheppe Allee, „schepp” bedeutet umgangssprachlich schief. Die Allee wurde 1714 unter Landgraf Ernst Ludwig von Hessen-Darmstadt angelegt, sie hat eine Länge 750 Metern und wurde nach dem Zweiten Weltkrieg dicht bebaut. Eine undatierte Postkarte, die Edo, wie Eduard Selzam innerhalb der Familie genannt wurde, an seine Frau Agathe von einem Besuch in Darmstadt schrieb, zeigt auf der Vorderseite dasselbe Motiv. Den Kiefern mit ihren teils stark verkrüppelten Stämmen gilt sein malerisches Interesse ebenso wie dem Spiel von Licht und Schatten, das die Bäume auf der nach hinten schmal zulaufenden Allee zeigen.
Frühsommer im WaldeFür dieses hochformatige Bild stand Eduard Selzam erneut seine Schwägerin Martha Modell. Die schlanke, elegante Erscheinung im dunklen Kleid ist als Rückenfigur gegeben. Begleitet wird sie auf ihrem Spaziergang von ihrem Windhund. Es ist wohl derselbe Hund, der auch auf dem Reiterbildnis zu sehen ist. Dieses Gemälde wurde 1894 auf der Ausstellung der Münchener Secession gezeigt. Die Spaziergängerin befindet sich inmitten eines lichten Wäldchens, die schmalen Stämme sind belaubt. Im oberen Teil des Bildes scheint der helle Himmel durch, dort ist das Ufer des Ammersees zu vermuten.
Sommer Eduard Selzams Gemälde „Sommer“ wurde von seinen Nachkommen aus dem Kunsthandel erworben. Es ist in der Literatur doppelt dokumentiert: Friedrich von Bötticher führt es unter dem Titel „Sommer. Zwei im Schatten ruhende Schnitter u. eine Wasserträgerin“ als eines von vierzehn Werken Selzams auf. Es wurde 1890 in der Jahresausstellung im Münchener Glaspalast gezeigt und erscheint im Juni 1894 im Katalog des Berliner Auktionshauses Lepke. Damit ist das Bild vor 1890 zu datieren. Im Unterschied zu anderen Werken von Eduard Selzam ist die Malweise aufgelockerter, kleinteiliger und weist auch in der Farbigkeit deutlichere Bezüge zum Impressionismus auf. Dies gilt insbesondere für die sommerliche Vegetation. Die Wiese mit ihren bunten Blumen im Vordergrund und die Blätter der Bäume sind in zahlreichen Grünvaleurs wiedergegeben. Die etwas größere linke Hälfte des Bildes ist verschattet. Dort rasten die Schnitter, zwei junge Männer mit ihren Hüten, halb liegend im Gras. Eine Sichel lehnt an einem Baumstamm links am Bildrand. Die Blicke der Schnitter folgen einem jungen Mädchen, das rechts im Vordergrund im Vorübergehen einen Moment inne zu halten scheint. Die etwas kleinere rechte Seite des Bildes erscheint sonnenbeschienen im hellen Mittagslicht eines heißen Sommertages. Das Mädchen trägt einen Krug in ihrer rechten Hand und gleicht das Gewicht mit dem linken ausgestreckten Arm aus. Offenbar ist der gut gefüllte Wasserkrug recht schwer. Die Wasserträgerin ist in Tracht gekleidet, ein weißes Kopftuch umrahmt das Gesicht. Besonders das rote Mieder steht komplementär und im Kontrast zu dem dominierenden Grün der umgebenden Landschaft.
Portraitstudie (Belvedere, Wien)Im Besitz des Belvedere Museums in Wien befindet sich mit der Inventarnummer 4584 eine weibliche Portraitstudie, die lange Wilhelm Leibl zugeschrieben wurde. Nach heutigem Wissensstand stammt das Werk jedoch von Eduard Selzam. Im Jahr 1952, ein Jahr nach dem Tod von Eduard Selzam, wurde es aus dem Kunsthandel und Antiquariat Josef Hofstätter, Wien, für das Belvedere Museum angekauft. Im dortigen Inventar ist auch die Provenienz aufgeführt. Mutmaßlich aus der Sammlung Wilhelm Leibl wurde das kleine Bild 1904 an die Galerie Miethke in Wien verkauft. 1917 befand es sich dann im Besitz der Wiener Kunsthandlung Nebehay. Rückseitig ist es mit W. Leibl bezeichnet, was vermutlich zu der irrtümlichen Zuschreibung führte. Zu sehen ist eine Frau mittleren Alters mit hohen Wangenknochen und tiefliegenden dunklen Augen. Das Gesicht ist links hell ins Licht gerückt, während die rechte Hälfte verschattet bleibt. Die Dargestellte, deren Gesichtsausdruck reglos und ernst erscheint, trägt ein dunkles, hochgeschlossenes Kleid, dessen Kragen einen zarten, leicht gekräuselten weißen Rand aufweist. Die Portraitstudie rückt die Physiognomie ins Zentrum und endet an der Schulterpartie. Das dunkle Kleid geht in den unbestimmten schwärzlichen Hintergrund über.
Eduard SelzamFritz Strobentz (1856 -1929), der wie Eduard Selzam von 1880-1882 an der Akademie der Bildenden Künste München bei Löfftz studiert hatte, schuf 1920 ein sehr charaktervolles Porträt seines langjährigen Freundes. Dabei konzentrierte er sich ausschließlich auf die Physiognomie. Selzam, ein glatzköpfiger Mann mittleren Alters mit Kaiser Wilhelm Schnauzer und gepflegtem Kinnbart, erscheint im Dreiviertelprofil und blickt den Betrachter ruhig an. Seine Studie hat der Künstlerfreund links unten mit F. Strobentz signiert. Strobentz, dem 1910 durch das Königreich Bayern der Professorentitel verliehen wurde, war Gründungsmitglied der Münchener Secession, er hatte Bezüge zur Künstlerkolonie Dachau und gehörte zum Umfeld von Leo Putz.
Partie am Ammerseeufer1906 hatte Eduard Thöny in Holzhausen am Ammersee ein Grundstück mit direktem Zugang zum Ammersee erworben. Er hatte nicht nur das darauf befindliche sogenannte „Gärtnerhaus“ nach Plänen von Bruno Paul umbauen, sondern auch den Garten aufwendig in einen Landschaftspark umgestalten lassen. Am Ufer waren die gröberen grauen Kiesel durch feinen weißen Seesand aufgeschüttet worden, sodass ein regelrechter Badestrand entstand. Das Seeufer auf seinem Grundstück in Holzhausen am Ammersee gab Eduard Thöny mehrfach in unterschiedlichen Formaten wieder. Interessanterweise handelt es sich dabei um eine der wenigen menschenleeren Landschaftskompositionen, die Thöny gemalt hat. Der Blick des Betrachters schweift über den ruhig daliegenden See. Auch das Segelboot scheint förmlich auf der Stelle zu liegen. Die Horizontlinie wird vom flachen Ufer der gegenüberliegenden Seeseite markiert. Lediglich auf der rechten Seite wird der Bildausschnitt von Vegetation begrenzt.
Wandbild Fürst Fugger Privatbank Augsburg1920 erhält Walter Georgi, um den es seit Ende des Ersten Weltkriegs zunehmend still geworden war, nochmals einen großen Auftrag. Er schuf das großformatige Gemälde „Aussendung eines Handelsschiffes durch Jakob Fugger“, das heute im Treppenhaus der Fürst Fugger Privatbank in Augsburg hängt. Wer das Bild in Auftrag gegeben hat, ist nicht bekannt. Fest steht nur, dass es 2011 von der IHK Augsburg an die Bank verkauft wurde. Georgi arbeitet hier in historisierender, an die Renaissance angelehnter Malweise. Durch eine diagonal verlaufende Schattenkante teilt er Vorder- und Hintergrund. Realistisch und narrativ steht eine Szene im Vordergrund, bei der Jakob Fugger der Reiche und seine Gemahlin Sibylla den Kapitän verabschieden, der zu einer Überseefahrt auslaufen wird. Fugger übergibt dem Seemann, der sich vor ihm verbeugt, eine versiegelte Botschaft. Im Hintergrund wird ein großes Schiff soeben mit hölzernen Kisten beladen. Die Szene spielt vermutlich auf eine Beteiligung Fuggers an einer Handelsexpedition des Jahres 1525 an, die an der Südspitze Amerikas vorbei zu den Gewürzinseln führen sollte. Die Bildfiguren sind in Renaissancegewändern gekleidet. Bei der Physiognomie Jakob Fuggers orientierte sich Walter Georgi an dem bekannten Porträt von Albrecht Dürer von 1519, das sich in der Staatsgalerie Alte Meister in Augsburg befindet.
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Blick von Corviglia auf Inn und AlbulaDas Erlebnis der Gebirgslandschaft des Oberengadin rund um den Ort Samedan war für Erich Erler die prägende Inspirationsquelle. Hier hielt er sich seit einem Kuraufenthalt 1898 häufig auf. 
Berglandschaften und das Leben der Gebirgsbewohner wurden zu seinen Motiven, mit denen er sich einen Namen machte. Zahlreiche dieser Sujets hat Erich Erler über viele Jahre hinweg mit geringen Variationen wiederholt. Erler gliedert seine Landschaft in drei Zonen. Im Vordergrund grasen drei Ziegen zwischen den Sträuchern, vom erhöhten Betrachterstandpunkt aus fällt der Blick weit ins Land auf das liebliche sonnenbeschienene Tal, das im Hintergrund durch eine Bergkette begrenzt wird. Die Farbigkeit ist im Wesentlichen auf eine Reihe von Grünvaleurs und das Blau der verschatteten Gebirgsregionen begrenzt. Die aufgelöste Malweise erinnert durchaus noch an den Divisionismus Giovanni Segantinis (1858-1899), der ebenfalls mit feinen Pinselstrichen und reiner Farbe seine Berglandschaften aufbaute. 
Erich Erler schafft ein überzeugendes Bild des Lichts und der Natur mit ihrer klaren Gebirgsluft.
Winter in Bayern1903 kam Erich Erler nach München, dennoch blieben auch weiterhin Gebirgslandschaften und Winterbilder seine häufigsten Motive. Damit hatte er sich offenbar einen guten Namen gemacht. Der Münchner Fremdenverkehrsverein beauftragte ihn zwei Mal, nämlich 1905 und 1908, mit Reklameplakaten zum Thema "Winter in Bayern“. Der Kunstkritiker Fritz von Ostini lobte in einer Rezension zu einer Ausstellung der „Scholle“ „[d]ie Durchsichtigkeit dieser reinen klaren Lüfte, in denen die Ferne so seltsam scharf und klar erscheint“ (Ostini, S. 509). Unmittelbar im Vordergrund steht die wuchtige, urwüchsige Gestalt eines Schifahrers, der nahezu die gesamte Bildhöhe einnimmt. Er steht auf seinen Schiern, die parallel zur unteren Bildkante ausgerichtet sind. Mit einer langen Stange, deren Enden von beiden Bildkanten überschnitten werden, markiert Erler die Bildmitte. Diese horizontalen Linien und die Tatsache, dass der kräftige Mann die Stange fest in seinen behandschuhten Händen hält, ergeben eine ruhige Stabilität. Im Mittelgrund breitet sich auf einem leicht abfallenden Hang eine Schneefläche aus, im Hintergrund erheben sich die Berge bis weit über die Vegetationsgrenze hinaus. Der Schifahrer mit sonnengebräuntem Gesicht und blondem Schnurrbart blickt ruhig geradeaus. Gamaschen, die über die Schischuhe und die ganze Länge der Beine gezogen sind, schützen die Hose vor Schnee und Feuchtigkeit. Dicke, bis zum Ellbogen reichende Handschuhe und eine am Kinn geschlossene Wintermütze halten zusammen mit einem blauen, rot umsäumten Kittel, den oberen Teil des Körpers warm. Auf Höhe seines Kopfes ist der Schriftzug ‘Winter in Bayern’ in weißen Majuskeln mit erhöhten Initialen zu lesen. In der rechten unteren Ecke steht der Namenszug Erich Erler–Samaden. Durch die weite Verbreitung der Werbeplakate wurde natürlich auch der Name des Künstlers bekannt. Die Zeitschrift „Das Plakat“ brachte in der Augustausgabe des Jahres 1920 den Artikel „Deutsche Stadt und Deutsches Land im Künstlerplakat“ mit einer Abbildung des Erler-Plakats. Auch in einem Band von Velhagen & Klasings Volksbücher über das Engadin wird als Titelbild Erich Erlers Gemälde “Winterstille im Engadin” verwendet.
Malwine GeorgiVon Malwine Georgi (1873-1944), der Frau des Malers Walter Georgi, existiert diese Portraitstudie. Vor einem unbestimmten Hintergrund ist Malwine, genannt Wina, im Profil dargestellt. Lediglich das Gesicht ist etwas stärker ausgearbeitet, während der weiße Kragen und die Schulterpartie nur rudimentär angelegt sind. Mit einer deutlichen dunklen Konturlinie gibt Clara Ewald die markante Physiognomie der Portraitierten wieder. Bei aller Unfertigkeit und Skizzenhaftigkeit erreicht die Studie doch eine gewisse lebensechte Wirkung. Malwine Georgi wurde in Lemberg in Galizien, heute Ukraine, geboren und am 13.01.1944 nach Theresienstadt deportiert. Dort kam sie am 23.01.1944 unter noch nicht näher geklärten Umständen zu Tode oder wurde ermordet. Auf dem Holzhauser Friedhof erinnert eine kleine Tafel auf dem Grabstein von Walter Georgi an seine Frau. Dort ist als Geburtsort fälschlicherweise Prag angegeben.
Raoul PictetDie Ölskizze für ein Bildnis, die Clara Ewald von dem Schweizer Physiker Raoul Pictet (1846-1929) malte, und das sich heute im Besitz des Vereins „Unser Dorf“ in Holzhausen befindet, ist rückseitig, von unbekannter Hand, beschriftet und auf 1898 datiert. Sollte diese Datierung richtig sein, so hat die Malerin Pictet möglicherweise in Berlin getroffen, wo sich der Wissenschaftler seit 1886 aufhielt. Ihm war es als Erstem gelungen, Luft unter hohem Druck und bei tiefen Temperaturen in einen flüssigen Aggregatszustand zu verwandeln. Der Schweizer Pictet lehrte an der Universität in Berlin und hatte ein Labor für Tieftemperaturphysik eingerichtet. Clara Ewald stellt ihn, als Ganzfigur, inmitten seines Laboratoriums dar. Er steht, den Kopf leicht zur Seite gewandt, mit konzentriertem und nachdenklichem Ausdruck etwas aus der Mitte nach links gerückt, so als überdenke er für einen Augenblick den Versuchsablauf. Die Farbigkeit ist insgesamt recht verhalten und aus Grau-, Beige- und Brauntönen aufgebaut. Lediglich mit jeweils zwei grünlichen und rötlichen Akzenten in den Glasgefäßen und an Geräten setzt Ewald Akzente. Die Ölskizze war 2014 ein Geschenk des Galeristen und Kunstsammlers Dr. Alfred Gunzenhauser an den Verein „Unser Dorf“. Gunzenhauser hatte von 1982 bis zu seinem Tode 2015 im ehemaligen Künstlerhaus von Walter Georgi in Holzhausen gewohnt.
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Lake Scene (1926)Aus dem Jahr 1926 stammt eine Uferlandschaft von Clara Ewald, die heute in der Manchester Art Gallery zu sehen ist. Bemerkenswert ist zunächst das eher ungewöhnliche hochrechteckige Format, wählen Maler doch im Allgemeinen eher ein querrechteckiges, eher panoramahaftes Bildformat für eine Naturwiedergabe. Die Landschaft erscheint damit stark ausschnitthaft. Vielleicht ging es Clara Ewald um den raschen Wechsel von Sonne und Wolken und deren Spiegelung im leicht gekräuselten Wasser. Das Wasser im Vordergrund, unterbrochen von einem Schilfgürtel, der weit in den See hineinragt, gibt sie in einer lockeren, leicht aufgelösten Malweise wieder. Ewald knüpft damit an die Tradition spätimpressionistischer Freiluftmalerei an. Farblich dominieren unterschiedliche Blautöne des Wassers und des Himmels, unterbrochen vom etwas stumpfen Grün der sommerlichen Vegetation und wenigen orange-bräunlichen Akzenten. Diese bilden einen annähernd komplementären Farbkontrast und steigern somit die Farbwirkung der gesamten Komposition. Das Gemälde kam als Erbe der herausragenden britischen Ärztin Dr. Jane Harriett Walker (1859 –1938), die erstmals die Frischluft-Therapie zur Behandlung von Tuberkulose in England anwandte, in die Sammlung der Manchester Art Gallery.
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Rupert BrookeDer englische Dichter Rupert Brooke (1887-1915), der mit dem Sohn von Clara Ewald, Paul Peter Ewald, befreundet war, verbrachte zu Beginn des Jahres 1911 während einer Europareise drei Monate in München. Damals entstand das abgebildete Portrait, auf dem er einen Hut von Paul Ewald trägt. Der Sohn der Malerin berichtet später: „Er kam zum Tee und blieb oft bis zum Abendessen. Mein Eindruck war, dass es ihm sehr schwer fiel, sich in Deutschland einzugewöhnen, und dass er in seinen Gedanken mehr in Cambridge als in München lebte. Dies drückte er auch in seinen Briefen aus. Vielleicht um ihn aufzuheitern, hat meine Mutter ihn gemalt.“ (Übersetzt aus Judd, S. 25) Auch wenn einige Betrachter das Gemälde als zu feminin kritisierten und mangelnde Ähnlichkeit beklagten, wurde es doch zu einer der bekanntesten Darstellungen des Dichters. Rupert Brooke (1887-1915), der in Cambridge studiert hatte, war eine überaus schillernde Persönlichkeit. Er zählte Virginia Woolf, George Mallory, Maynard Keynes und andere berühmte Schriftsteller zu seinem Freundeskreis. Viele, wie Henry James, bewunderten sein Talent. Aber auch seine Erscheinung faszinierte die Menschen. So erhielt er den Beinamen der „junge Apollo“ und William Butler Yeats behauptete, Brooke sei der „bestaussehende Mann in England“. Mit Ausbruch des Ersten Weltkriegs trat er der Royal Navy bei. Mit seinem Gedicht „Soldier“ (1914) wurde er berühmt: „Wenn ich sterben sollte, denke nur an mich: Dass es eine Ecke eines fremden Feldes gibt, das für immer England ist.“ Rupert Brooke verstarb 1915 im Alter von nur 28 Jahren auf einem französischen Lazarettschiff im Hafen der griechischen Insel Skyros an einer Sepsis. Die Ursache war ein Mückenstich. Brooke wurde auf der Insel in einem Olivenhain beigesetzt. Das Gemälde kam als Geschenk des Sohnes der Künstlerin, Paul Peter Ewald, 1972 in die Sammlung der National Portrait Gallery, London.
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VorfrühlingErich Erler malte das Bild „Vorfrühling“ 1901, in dem Jahr, als er erstmals als Mitglied der Künstlergruppe „Scholle“ in München ausstellte. Das Gemälde in ungewöhnlichem, annähernd quadratischem Format präsentiert sich in Mischtechnik auf Leinwand. Interessant ist die Komposition, die deutlich durch Diagonale geprägt ist. Da sind zunächst zwei schmale Rinnsale, die von der linken Bildkante bzw. vom unteren Bildrand nach rechts oben, in die Tiefe der Landschaft führen. Gegenläufig erscheint eine zweite diagonale Kompositionslinie, die Baumreihe, die vom rechten Rand nach links in den Hintergrund verläuft. Erler schafft so eine beachtliche Raumtiefe. An der linken unteren Bildecke, also unmittelbar im Vordergrund, hebt sich ein massiver Stein ab, auf dem der Künstler auch signiert hat. Im Mittelgrund, links unterhalb der Bildmitte, ist eine junge Frau oder ein Mädchen in Tracht dargestellt. Erler wählt hier eine Rückenfigur. Der Blick des Betrachters folgt ihr in die Tiefe des Bildes und er wird förmlich mit in die Landschaft gezogen. Die Farbigkeit ist verhalten, wie es der Jahreszeit des Vorfrühlings angemessen ist. Die Luft erscheint noch kalt und klar, aber das Mädchen geht bereits ohne Mantel ins Freie. Ein zarter Schimmer von frühlingshaftem Grün ist schon zu erahnen. Lediglich im Schatten unter den Bäumen haben sich noch letzte Reste von Schnee erhalten. Erler präsentierte das Gemälde 1902 auf der Jahresausstellung im Glaspalast. Dort wurde es vom Bayerischen Staat für die Pinakothek erworben. Heute ist es Teil der Bayerischen Staatsgemäldesammlung und wird unter der Inventarnummer 8246 zusammen mit zwei weiteren Landschaften aus der Zeit um 1900 und dem Ölgemälde „Morgenrot (Soldatenbegräbnis)“ von 1916 im Magazin der Neuen Pinakothek aufbewahrt.

Die Künstlerkolonie

Holzhausen am Amersee

Hier wirkten ab 1900 die Maler der Künstlervereinigung „Scholle“, viele von ihnen Mitarbeiter der Zeitschriften „Jugend“ und „Simplicissimus“, sowie weitere bedeutende Künstler.