Watson_Claire-Header.jpg

Nach ihrer Abschiedsvorstellung lag Claire Watson nachts um halb eins in ihrem Garten im Liegestuhl. „Ich sah in die Sterne und dachte plötzlich: wie schön, daß ich mich nun nicht mehr der Nachtluft wegen um meine Stimme sorgen muß.“

Watson_Claire-Autogrammkarte-web.jpg

Die beiden verbindet nicht nur die gemeinsame Herkunft und ihre musikalische Berufslaufbahn. Beider Großmütter waren zudem Pianistinnen und auch die Großväter kannten sich beruflich.&nbsp;Auf die ersten gemeinsamen Berufsjahre angesprochen, deutet David Thaw mit der Aussage „Ich sah und hörte nur noch sie!“, auf die emotional schwierige Arbeitssituation hin.&nbsp;Dass die schwärmerische Anbetung auf Resonanz stieß, bestätigt die Heirat 1959.&nbsp;München, mit den Engagements an den dortigen Bühnen, war zu dieser Zeit unzweifelhaft der Arbeits- und Lebensmittelpunkt des Paares. Offenbar gab es aber auch den Wunsch, dem Getriebe der Stadt und den Verpflichtungen zumindest temporär zu entfliehen.&nbsp;So wurde das bereits ein Jahr vor der Heirat von Claire erworbene, idyllisch am Ammersee gelegene ehemalige Winterhaus des Malers Adolf Münzer für das Künstlerpaar zusammen mit Claires Tochter Bronwyn und dem gemeinsamen Sohn Tommy zum Rückzugsort in der Freizeit, später sogar zum Hauptwohnsitz. Die Besitzerin ließ das Haus durch ein Musikzimmer mit offenem Kamin und einen vorgelagerten Wintergarten erweitern.&nbsp;Jahrzehnte später, als das Haus wiederum verkauft wird, werden sich in diesem alte Filmrollen aus den 1920er und 1930er Jahren finden, die das Leben des Ehepaars Thaw, Davids Eltern, illustrieren.&nbsp;<h5>Wie leben Claire und David im Holzhausen der 1960er und 1970er Jahre?</h5>Sie fühlen sich, glaubt man den Aussagen ihrer Zeitgenoss/innen, in Holzhausen ausgesprochen wohl. Als Ausgleich zu ihrem turbulenten Berufsalltag schätzen sie das ruhige und entschleunigte Dorfleben. Die Chefin in Haus- und Finanzangelegenheiten ist eindeutig Claire. Neben ihrer Sängerkarriere managt sie die Kindererziehung und den Haushalt, auch wenn sie bei letzterem Hilfen aus dem Dorf in Anspruch nimmt. Claire ist sich dabei nicht zu schade, selbst mit Hand anzulegen, indem sie kocht und näht. Ihre Leidenschaft aber gehört neben dem Singen der Beschäftigung im großen Garten, den sie „die Festwiese” nennt. Dort findet sie die nötige Entspannung zu ihrem anspruchsvollen Beruf.Während der Woche wohnt die Familie in der Ledererstraße in München, keine 300 Meter vom Nationaltheater entfernt. Beide Kinder besuchen Schulen in München, wo sie tagsüber betreut werden. David ist wohl der passive Teil des durchorganisierten Haushalts. Er hilft, wenn man ihn dazu auffordert. Legendär sind seine Rasenmähaktionen. Nachbarn erinnern sich, dass David diese ungeliebte Tätigkeit meistert, indem er, auf dem Rasentraktor thronend, während des Mähvorgangs mit Begeisterung laut und für alle hörbar Arien „hinausschmettert“.Viele Freunde und Bekannte des Ehepaars finden den Weg nach Holzhausen, wo ausgiebig und fröhlich gefeiert wird. Besonders in den Sommermonaten bereichern sie damit auch das Dorfleben, denn weithin kann man gelungene Gesangseinlagen nicht nur der Gastgeber, sondern auch der angereisten Gäste vernehmen. David, ein brillanter und witziger Unterhalter, gibt regelmäßig sein Bestes, um die Besucher zu erfreuen.Am dörflichen Leben mit seinen Dorffesten und Vereinstätigkeiten nimmt das Ehepaar nicht teil. Es lebt relativ zurückgezogen, ist aber nichtsdestotrotz im Ort wegen seiner Freundlichkeit und Aufgeschlossenheit sehr beliebt. Dorfbewohner haben immer noch das Bild Claires mit dem kleinen Tommy an der Hand vor Augen, wenn sie in Holzhausen oder Utting zum Einkaufen ging. Insbesondere mit den Nachbarn verbindet sie ein freundlich-distanziertes Verhältnis. Man „ratscht gerne über´n Zaun“, bleibt aber ansonsten unter sich. Die beiden Kinder pflegen zwar Kontakte zu ihren Altersgenoss/innen, da sie aber während der Woche in München wohnen und eine andere Schule besuchen, bleibt der Umgang überwiegend auf die Wochenenden und Ferien beschränkt.Alles in allem erinnert das Zusammenleben des Sängerpaares mit den Dorfbewohnern an die über ein halbes Jahrhundert zurückliegende Zeit der „Scholle“-Künstler mit der damals noch fast durchwegs bäuerlichen Bevölkerung. Auch diese Phase war geprägt von einem zwar freundlich-duldsamen Umgang zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Gruppen, aber auch von einer als natürlich empfundenen Distanz.Die beiden völlig unterschiedlichen Lebenswelten führten eine friedliche, tolerante Koexistenz, ohne sich jedoch zu vermischen. Sowohl um die vorige Jahrhundertwende als auch in den 1960er und 1970er Jahren traten die Künstler als Arbeitgeber in Erscheinung, womit eine gewisse Verbindung hergestellt wurde. Dorfbewohner waren Hausangestellte, Gärtner und Modelle, andererseits aber auch Grundstücksverkäufer und Abnehmer von Gemälden oder Zuschauer und Zuhörer der künstlerischen Darbietungen. Und nicht zuletzt verbanden die legendären Feste der Künstler/innen diese beiden Perioden. &nbsp;

„Wiewohl Claire Watsons zweiter Mann, der Tenorkollege David Thaw, 300 Meter von ihrer Geburtsstätte entfernt das Licht der Wolkenkratzer erblickte, lernte sie ihn erst als Tatjana in einer Frankfurter Eugen-Onegin-Aufführung kennen, in der er den Lenski sang“, berichtet der Münchner Merkur 1963.

Leben in Holzhausen

Künstler

Claire Watson

Teilen

Ihr Hinweis ist wertvoll