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Als Werbegrafikerin schuf die Künstlerin unter anderem das bekannte Pfanni-Mädchen. Neben ihrer Tätigkeit in der Werbung illustrierte sie aber auch Kinderbücher und Märchen. All diese Zeichnungen schlummerten jahrzehntelang vergessen auf dem Dachboden, bis sich ihr Neffe daran erinnerte und sie der JES Kulturstiftung zur Verfügung stellte.

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<h5>Von Märchen</h5><p>Aus dem schwarzen Nichts scheint der wohlbeleibte Zauberer hervorzubrechen. Mit grimmigem Blick und rollenden Augen stößt er die unheilbringende Zauberformel an einen unter ihm sich hinduckenden Winzling aus. Den Zauberstab in der Linken, mit dem rechten Arm schwungvoll seine düstere Botschaft unterstreichend, scheint alles Unheil der Welt auf die arme menschliche Kreatur zu seinen Füßen niederzufahren. Eine schwarze Katze mit stechenden grünen Augen beißt beherzt in eine wohl giftige grüne Schlange mit geöffnetem Maul, die ihre lange Zunge in Richtung des Menschleins schnellt.</p><p>Diese gespenstische Szenerie findet sich zusammen mit Bleistiftentwürfen auf einem Skizzenblatt aus der Hand von Emma Wirth.&nbsp;</p><figure class="image"><img src="/uploads/G4a_Wirth_Emma_Zauberer_Frieder_Skizzenblatt_Detail_Tusche_Guache_31_5x24cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_2d3e9b31f3.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Der Zauberer liest Frieder die Leviten, o. J., Skizzenblatt Detail, Tusche, Gouache, 31,5 x 24 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/G4b_Wirth_Emma_Zauberer_Skizzenblatt_Detail_Tusche_Guache_31x24cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_797869cbee.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Zauberer mit Stab, o. J., Skizzenblatt Detail, Tusche, Gouache, 31 x 24 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><p>Viele ihrer Zeichnungen und Aquarelle weisen darauf hin, dass sie Märchen- und Kinderbücher plant, erkennbar an der Konzeption der Verteilung von Schrift und Zeichnung auf den einzelnen Seiten. Auch die Anfänge einiger Erzählungen, in akkurater Schrift präsentiert, unterstreichen diese Annahme.</p><figure class="image"><img src="/uploads/G4c_Wirth_Emma_Buchseite_Skizze_Skizzenblatt_Bleistift_26x18cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_dc3f86467e.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Entwurf einer Buchseite, Skizze, o. J., Skizzenblatt, Bleistift, 26 x 18 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/G4d_Wirth_Emma_Frieder_mit_Text_Tusche_Aquarell_24x17_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_dfbaae420d.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Entwurf einer Buchseite mit Frieder und Text, o. J., Tusche, Aquarell, 24 x 17 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><h5><br>Vom Alltag</h5><p>Häufig taucht ein Junge mit dichtem Blondhaar auf, bekleidet mit roter Jacke, schwarzer, kurzer Hose und braunen Schnürschuhen. Kleidung und Haartracht erinnern an die 1950er Jahre, ebenso der dem sogenannten Kindchen-Schema angelehnte Körperbau mit im Vergleich zum Körper zu großem Kopf. Eine Entsprechung zu diesem Schema findet sich in der Physiognomie: kleine Nase, großer Mund und rote Bäckchen. Diese Gesichtszüge eignen sich gut, um Emotionen wie Freude, Kummer, Erstaunen oder Aufregung auszudrücken, was Emma Wirth ausgesprochen gut gelingt. Möglicherweise ist dieses Kind, das an mehreren Stellen „Frieder“ genannt wird, Emma Wirths Neffen Klaus nachempfunden.</p><p>Ein Blatt zeigt eine typische Szene aus den 1950ern, die wohl in einer städtischen Umgebung spielt. Im Hintergrund ist ein zweistöckiges Haus zu erkennen, dem sich in enger Folge andere Gebäude anschließen. Es handelt sich um ein kleines Lebensmittelgeschäft, das zeitüblich „KOLONIALWAREN MEIER“ bezeichnet wird.&nbsp;</p><p>Aus dem Fenster im ersten Stock beobachten eine Frau und ihr Kind das Geschehen. Der kleine Frieder flitzt offensichtlich auf der Flucht vor den beiden im Hintergrund plaudernden Frauen davon. Diese beiden Damen, von denen eine dem Text gemäß Frieders Mutter ist, tauchen in einer Extraskizze noch einmal genauer ausgearbeitet auf. Sie tragen die typische Kleidung jener Jahre: Kleid mit weißem Kragen, bzw. Mantel mit Fuchspelz. In der Hand halten sie einen Korb bzw. ein Einkaufsnetz. Ihr Habitus spiegelt in stereotyper Weise das den Frauen zugedachte Rollenbild und Verhaltensmuster der 1950er Jahre wider.&nbsp;</p><p>Die Darstellung banaler alltäglicher Situationen, gepaart mit beschönigenden Handlungsweisen ist wohl auf die Erfahrung der Düsternis im Dritten Reich sowie der Verheerungen des Krieges zurückzuführen. Im Aufzeigen der Banalität des Alltags wird versucht, ein Stück heile Welt zurückzuholen.</p><figure class="image"><img src="/uploads/G4e_Wirth_Emma_Frieder_Kolonialwaren_Bleistift_Tusche_Guache_13x19cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_6dbd1f115a.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Frieder und Frauen vor Kolonialwarenladen, o. J., Bleistift, Tusche, Gouache, 13 x 19 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/G4f_Wirth_Emma_Frieder_Frauen_plaudernd_Tusche_Aquarell_16x14cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_add670185a.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Zwei Frauen, plaudernd, o. J., Tusche, Aquarell, 16 x 14 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/G4g_Wirth_Emma_Frieder_Kuh_Tusche_Guache_17x13cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_5d6431868b.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Frieder hänselt Kuhdame, o. J., Tusche, Gouache, 17 x 13 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/G4h_Wirth_Emma_Frieder_weinend_Wald_Tusche_Aquarell_8x7cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_8696256bfd.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Frieder weinend im Wald, o. J., Tusche, Aquarell, 8 x 7 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><h5>Von Tierkindern in der Schule</h5><p>Die Konzeption eines weiteren Blattes illustriert, wie sich die Künstlerin die Verteilung von Wort und Bild konkret vorstellt. Auf der linken Seite ist der Text abgebildet, in akkurater, regelmäßiger Schrift und durchgehend in Großbuchstaben. Drei Viertel des Textes geben auf der rechten Seite ein liegendes Oval für das Bild frei. Die Illustration ist lediglich als Bleistiftskizze vorhanden, während der Text in Tusche geschrieben wurde.&nbsp;</p><p>Emma Wirth stellt eine Schulklasse dar, die allerdings nicht von Kindern, sondern von Tieren bevölkert wird, denen sie aber nicht nur menschliche Züge, sondern auch typische, individuelle Eigenschaften und Verhaltensweisen zuordnet. So sitzen in der ersten Bank ein eifrig sich meldendes Reh sowie ein gelangweilt auf die Schiefertafel vor sich hin kritzelnder Hund. Die Schulbank entspricht der typischen Einrichtung der Nachkriegszeit.&nbsp;</p><p>In der zweiten Bank schielt ein unkonzentriert scheinendes, mächtiges Elefantenkind, das eine Bank allein einnimmt, auf einen nicht näher erkennbaren Gegenstand auf dem Boden. Hinter dem jungen Elefanten überblickt ein äußerst interessiertes Giraffenkind mit heraushängender Zunge die Gruppe seiner Mitschüler. Der Lehrer, ein Krokodil mit gefährlich offenem Maul, das seine zahlreichen, spitzen Zähne offenbart, liest – offensichtlich selbst ein wenig gelangweilt – aus einem Buch vor.&nbsp;</p><p>Schultierkinder wie Lehrer zeigen die gleichen Verhaltensweisen und Reaktionen, wie man sie von den Menschen kennt. Die Künstlerin bedient sich dabei der der Fabel entlehnten Mechanismen und personifiziert die Tiere, um menschliches Verhalten zugespitzt darstellen zu können, in diesem Falle aber wohl nicht, um Kritik zu üben, sondern um Stärken und Schwächen der Menschen humorvoll darzustellen.</p><figure class="image"><img src="/uploads/G4i_Wirth_Emma_Tierschule_Text_Pergament_Tusche_Bleistift_22x16cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_web_8108ae14f6.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Entwurf einer Buchseite, Tierschule, o. J., Bleistift, Tusche auf Pergament, 22 x 16 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><h5>Im Schaufenster in Dießen</h5><p>Solche Märchenbilder oder Darstellungen kindlichen Verhaltens werden in den 1950er und 1960er Jahren auch in Dießen ausgestellt. Ein Herr Rauhut, der in Icking wohnt, kauft alte Kunst- oder Geschichtsbücher auf, aus denen er künstlerische, alte Schnitte herausschneidet, sie rahmt und dann auch verkauft.&nbsp;</p><p>Zu diesem Zwecke mietet Herr Rauhut in Dießen im Ortsteil St. Georgen (St. Georgenstraße 32) ein Schaufenster, um seine Ausstellungsstücke präsentieren zu können.</p><p>Emma Wirth verkauft ihm Aquarelle mit Darstellungen von Märchen, Kindern und Tieren. Rauhut kopiert, rahmt, bewirbt und verkauft diese Bilder. So hat Emma ein zusätzliches Nebenerwerbseinkommen.<br>&nbsp;</p><figure class="image"><img src="/uploads/G4l_Wirth_Emma_Badewann_Eichhoernchenkind_weinend_Tusche_Aquarell_10x7cm_Privatbesitz_HES_Kulturstiftung_web_cf88066799.jpg"><figcaption>Emma Wirth, Weinendes Eichhörnchenkind, o. J., Tusche, Aquarell, 10 x 17 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure><p>&nbsp;</p><p><br><br><br><br>&nbsp;</p>

Emma Wirth beschäftigte sich mit Märchen- und Kinderbuchfiguren, dem Alltag und allen Arten fröhlicher, vorlauter, kranker oder trauriger Tierkinder.

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Von lachenden Kindern und weinenden Tieren

Künstler

Emma Wirth

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