„Es war kein Beginnen, es wurde ein Ausbruch, eine Eruption längst gespannter Kräfte“, beschreibt Professor Peter Breuer Hansl Bocks erste Malversuche.

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Der Weg in die Malerei indes ist für junge Malerinnen jener Zeit mit zahlreichen Hindernissen gepflastert. Die Akademie der Bildenden Künste dürfen sie nicht besuchen. So bleibt ihnen nur die teure Ausbildung in den Damenakademien oder Privatunterricht bei bereits anerkannten Künstlern. Selbstverständlich können sich dies nur Töchter aus wohlhabenden Familien leisten – und auch nur dann, wenn die Väter gewillt sind, Geld in die künstlerische Ausbildung eines Mädchens zu investieren. Vertreterinnen der ärmeren Schichten ist dieser Weg in der Regel versperrt.Die finanzielle Ausstattung stellt jedoch nicht das einzige Hindernis dar. Die gesellschaftliche Wahrnehmung der Frau hinsichtlich der künstlerischen Teilhabe, die seitens der Männer zwischen wohlwollender Herablassung und brüsker Ablehnung changiert, blockiert zusätzlich eine adäquate Kunstausbildung. Aussagen wie „[e]s kommt nichts Bleibendes zustande, wenn die Frau, gleich auf welchem Gebiet, die unumstößlichen Grenzen ihres Wesens zu überschreiten sucht; sie soll es nun einmal dem Manne nicht gleichtun.“ von Prof. Peter Breuer sind noch von der freundlicheren Art (Breuer, S. 3).&nbsp;Breuer wird aber noch deutlicher, indem er anmerkt, dass für viele Zeitgenossen der künstlerische Werdegang eines Malers dem der Frau nicht gemäß sei und für diese zwangsläufig im „Zerrbild des Malweibes […] oder im beschaulichen Dasein als Gattin und Mutter“ ende (Breuer, S. 4). Der Begriff „Malweib“, eine äußerst negative Bezeichnung, wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts durchaus bewusst als Diffamierungsinstrument für malende Frauen verwendet.Auch so bekannte Persönlichkeiten wie Ferdinand von Miller, von 1900 bis 1909 Leiter der Münchner Akademie der Bildenden Künste, stellt noch 1912 Künstlerinnen ein wenig schmeichelhaftes Zeugnis aus, indem er ihnen nicht nur Dilettantismus vorwirft, sondern auch ihre ernsthaften Absichten anzweifelt: „Wenn auch vielleicht 10 Prozent von ihnen wirklich ein ernstes Streben haben, 90 Prozent ist es doch nur darum zu tun, die Zeit herumzubringen, bis ein glücklicher Gatte kommt, der sie von der Kunst wegholt.“ (Teibler, S. 30)So zieht sich Johanna wie viele künstlerisch begabte Frauen notgedrungen auf die angewandte Kunst zurück und konzentriert sich auf Scherenschnitte, Sticken oder das Entwerfen von Kleidung. „Aber diese so reich beanlagte Frauennatur fühlte sich in ihren künstlerischen Wünschen nicht befriedigt“, stellt Breuer fest (S. 4) und weist sodann begeistert darauf hin, dass die junge Künstlerin, unter dem Einfluss der Künstlervereinigung „Scholle“ und der Kreise um Weisgerber (siehe Fußnote 1), allen herrschenden Vorurteilen zum Trotz, anfängt zu malen.&nbsp;Johannas furioser Einstieg in die Malerei erstaunt ihn dann aber doch. So bemerkt er verwundert: „Es war kein Beginnen, es wurde ein Ausbruch, eine Eruption längst gespannter Kräfte. Die dünne Decke gesellschaftlicher Konvention flog zur Seite, die Besessenheit des Malenmüssens ruhte nicht bei Tag und Nacht; erste technische Schwierigkeiten wurden spielend überwunden und in der Frühblüte dieses künstlerischen Temperamentes bestätigt sich der Satz, daß Kunst nicht vom Können, sondern vom Müssen kommt.“ (Breuer, S. 6-8)<figure class="image"><img src="/uploads/Hansl_Bock_Landschaft_mit_Burg_Guache_auf_Papier_24x32cm_Privatbesitz_JES_Kulturstiftung_20230315_web_8c12390b4a.jpg"><figcaption>Hansl Bock, ohne Titel (Landschaft mit Burg), o. J., Gouache auf Papier, 24 x 32 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure>Wie schon ihre Mutter wird Johanna Schülerin von Julius Seyler, seinerzeit ein sehr bekannter und gefragter Münchner Impressionist.&nbsp;Breuer schwärmt von der lockeren Atmosphäre in Seylers Atelier, von der größtmöglichen Freiheit, die er seiner Schülerin lässt.&nbsp;<figure class="image"><img src="/uploads/Julius_Seyler_Der_Crevettenfischer_Oel_auf_Leinwand_66x59cm_Privatbesitz_JES_Kullturstiftung_web_high_bf9f598bab.jpg"><figcaption>Julius Seyler, Der Crevettenfischer, o. J., Öl auf Leinwand, 66 x 59 cm, Privatbesitz, © JES Kullturstiftung</figcaption></figure>Dennoch kommt in Breuers Würdigung trotz seines unbestrittenen Lobes eine leichte, wohl zeitgemäße, Herablassung weiblicher Kunst zum Ausdruck. „Die kindverwandte Seele der Frau malt sich in Allem. Baum und Strauch, Tier und Haus bekommen tragisch-komische Fratzen und Grimassen. Aus dem Mitempfinden mit der leidenden Kreatur bekommt das gefallene Pferd ein betrübtes, um Hilfe bittendes Menschengesicht.“&nbsp;(Breuer, S. 8)&nbsp;Zum Abschluss seiner alles in allem doch sehr positiven Würdigung wendet sich Prof. Breuer schließlich noch an seine männlichen Zeitgenossen und ruft sie zur Toleranz Malerinnen gegenüber auf: „Und wir Männer insbesondere: Betrachten wir diese Bekenntnisse einer künstlerischen Frauenseele als ermutigendes und beglückendes Ereignis in der heutigen Zeit.“ (Breuer, S. 10)Sowohl mit ihren (Stief)Eltern als auch mit Freundinnen und Julius Seylers Malklasse unternimmt Johanna Reisen innerhalb Deutschlands und auch nach Frankreich (Bretagne, Paris, Straßburg), Spanien und Italien, um sich weiterzubilden.<figure class="image"><img src="/uploads/Hansl_Bock_Landschaft_mit_Kakteen_Oel_auf_Pappe_33x49cm_Privatbesitz_JES_Kultturstiftung_web_high_ffdcba820d.jpg"><figcaption>Hansl Bock, ohne Titel (Landschaft mit Kakteen), o. J., Öl auf Pappe, 33 x 49 cm, Privatbesitz, © JES Kulturstiftung</figcaption></figure>Auch ihr nächster Lehrer, ihr späterer Ehemann Ludwig Bock, nimmt natürlich Einfluss auf Johannas Malerei. Durch ihn kommt sie, die vorher überwiegend Landschaften malte, vermutlich zum Stillleben.<figure class="image"><img src="/uploads/Hansl_Bock_Blumenstock_Stadtmuseum_Freising_ebde43a1ca.JPG"><figcaption>Hansl Bock, ohne Titel (Amaryllis und Veilchen), o. J., Öl auf Leinwand auf Holz, 52 x 68 cm, © Stadtmuseum Freising</figcaption></figure><figure class="image"><img src="/uploads/Hansl_Bock_Weihnachtsstern_Stadtmuseum_Freising_390374eae2.jpg"><figcaption>Hansl Bock, ohne Titel (Weihnachtsstern), 1929, Öl auf starkem Karton, 68 x 50 cm (gerahmt), © Stadtmuseum Freising</figcaption></figure>__________Fußnote 1: Der aus St. Ingbert stammende Maler Albert Weisgerber (1878 – 1915) arbeitete als Zeichenlehrer an der Damenakademie des Künstlerinnenvereins München. Weisgerber war Gründungsmitglied und erster Präsident der Neuen Münchener Secession.&nbsp; &nbsp;

Bedingt durch ihr künstlerisches Umfeld, aufgewachsen mit malenden (Stief)Eltern, überrascht Johanna Susannas Wunsch, selbst zu malen, nicht.

Fallstricke und Vorurteile auf dem Weg zur anerkannten Künstlerin

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Hansl Bock

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