Hansl Bock

Hansl Bock

1893 - 1973
„Es war kein Beginnen, es wurde ein Ausbruch, eine Eruption längst gespannter Kräfte“, beschreibt Professor Peter Breuer Hansl Bocks erste Malversuche.Lesen Sie die Vita von Hansl Bock hier

Hansl Bock und Holzhausen
Metier:
Malerei

Kunstwerke & Geschichten

Hansl Bocks Familie: Der Kunst verschrieben Hansl Bocks Eltern Franz Seraph Vogel (22.12.1865 – 22.12.1938) und Johanna Maria Wirthmüller (07.12.1867 – 22.04.1947) sind gebürtige Münchner.
Fallstricke und Vorurteile auf dem Weg zur anerkannten KünstlerinBedingt durch ihr künstlerisches Umfeld, aufgewachsen mit malenden (Stief)Eltern, überrascht Johanna Susannas Wunsch, selbst zu malen, nicht.
Der Künstlersee – Station eines unsteten KünstlerinnenlebensHansl Bocks Mutter Johanna Merré wird am 30. Juni 1902 rechtskräftig von ihrem Ehemann Franz Seraph Vogel geschieden.
Eine extravagante PersönlichkeitHansl Bock legt keineswegs jene Tugenden an den Tag, die von einer Frau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erwartet werden.
Ansicht von PassauFür den Blick über Passau wählt die Malerin einen erhöhten Standpunkt, vermutlich vom Aussichtspunkt der Veste Oberhaus aus gesehen. Auf diese Weise entfaltet sich im Bild ein üppiges Panorama der Stadt mit dem Blick über die Donau hinweg auf eine der prominentesten Kirchen der Stadt, den Dom St. Stephan am linken oberen Bildrand. Die Stadt Passau war Hansl Bock damals bereits bestens bekannt. Ab 1919 besuchte Sie dort ihre Freundin und Malmitschülerin Paula Deppe, mit der sie die besten Ansichten der Stadt kennenlernen konnte. Entstanden ist das großformatige Städtebild im Jahr 1930, also zu einer Zeit, in der die Künstlerin bereits zu ihrem Stil gefunden hat. Nach ihren malerischen Anfängen, wo sie noch Orientierung suchte und verschiedene Einflüsse, wie etwa jene der französischen Malerei, in Hansl Bocks Gemälden der späten 10er und frühen 20er Jahren sichtbar werden, ist sie nun künstlerisch sicher geworden. Der Bildaufbau mit den großen Diagonalen, in welche sich das Stadtpanorama eingespannt zeigt, ist souverän gewählt und erzeugt Spannung. Die Malerei ist breit, pastos und expressiv. Mit dickem Pinsel werden die Farben aufgetragen. Lebhaft, fast schillernd oder funkelnd wie ein eingefasstes Schmuckstück wirkt der architektonische Ausschnitt der bunten Hausfassaden, die sich wie hingeworfene Würfel hintereinander und nebeneinander vor dem Blick des Betrachtenden aufbauen. Kräftige Ockertöne, helle und zarte Grünnuancen und immer wieder ein leuchtendes Blau als Akzent, vor allem um die im Schatten liegenden Partien zu betonen, beherrschen das Bild. Charakteristisch für Hansl Bocks gereiften Malstil sind die breit nebeneinander gesetzten Pinselstriche, welche der Oberfläche des Gemäldes zusätzlich eine Qualität der Lebendigkeit verleihen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich teils nahezu abstrakt wirkende Areale. Als weiteres Spannungsmoment, auch um Dynamik und Bewegung mit in das Bild hereinzuholen, dient im Vordergrund ein Lastkahn oder Ausflugsschiff, vermutlich ist es ein Raddampfer, ein von Hansl Bock gerne gewähltes Motiv, das sie auch in ihren frühen Paris-Bildern und in mindestens einer weiteren Ansicht von Passau verwendete. In der Entstehungszeit des Gemäldes befanden sich an dieser Stelle der Stadt die Landestege der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, von Hansl Bock schlicht als ockerfarbene Flächen, links vom Schiff aus gesehen, angedeutet. Im Gesamten zeigt uns die Malerin in ihrem Gemälde ein ausdrucksstarkes Städteportrait, welches in großzügiger Weise die architektonischen Gegebenheiten des Ortes zwar erfasst, jedoch ohne sich allzu sehr in naturalistischen Details zu verlieren. Text: Dr. Ulrike Reinert
Paris - MontmartreWie wir aus der Biografie der Malerin wissen, unternahm Hansl Bock in den 20er Jahren gemeinsam mit ihrem Lehrer Julius Seyler eine Reise nach Paris. Unterschiedlichen Quellen zufolge war das entweder 1924 oder aber 1927. Da die zugänglichen Paris-Bilder der Künstlerin jedoch entweder 1927 oder 1929 entstanden sind, liegt die Vermutung nahe, dass der Beginn der Reise wohl eher in das Jahr 1927 fällt. In Paris beginnt eine äußerst fruchtbare und spannende Phase im Werk der Künstlerin. Gemeinsam mit Seyler unterhält sie ein Atelier. Sie setzt sich mit den Werken der großen Maler der klassischen Moderne, jenen von Henri Matisse, Paul Gaugin und Maurice Utrillo auseinander. Ihre Malweise ist expressiv, die Farben beginnen zu leuchten, der Pinselstrich wird lebendig, kurz und strichelig. Das hier gewählte Motiv, sehr wahrscheinlich ist es ein Blick in die Rue de l´Abreuvoir am Montmartre, war ein äußerst beliebter Ansichtspunkt für die Maler der Zeit. Allein von Maurice Utrillo gibt es zahlreiche Ansichten dieser Straßenkreuzung zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten. Hansl Bock fängt in ihrem Bild eine umtriebige Szenerie ein, wohl mitten am Tage. Fußgängergruppen, ein Karrenwagen mit Pferd oder Esel, ein Automobil und eine traversierende, die Kreuzung überquerende schwarze Katze, beleben das Motiv. Die Straße, welche sich im Halbrund um eine hohe Mauereinfassung legt, gleicht einem großen, offenen Platz, dessen Fläche sich von links kommend in der Form eines Rechtecks als Bühne für das Geschehen gleichsam anbietet. Die Wahl für die Farben der Häuser, die sich vom Vordergrund rechts hinauf eng aneinander schmiegen, ist bunt. Blau, Rosa und Gelb folgen aufeinander. Der Charakter der Großstadt Paris nimmt hier das typisch dörfliche Flair des Montmartre an, mit idyllischer und beschaulicher Wirkung. Die Natur bleibt zurückgedrängt hinter den Mauern und zeigt sich bei den Bäumen teils belaubt mit üppigem Grün, teils auch kahl. Deren Äste zeichnen schwarze Lineaturen in den zartblau gehaltenen Himmel über der Stadt. Die Künstlerin wählt zwar eine nach oben und hinten fluchtende Perspektive, so verjüngt sich etwa die Straße nach oben und hinten links im Bild, um dort schließlich ganz zu verschwinden. Dennoch gerät das Gemälde im Gesamten flächig. Hansl Bock knüpft hier gekonnt an die Erfindungen der Fauvisten und Expressionisten an, welche sich zugunsten der Bildwirkung einer akademisch korrekten Verwendung der Perspektive verweigerten. Im Gemälde der Künstlerin, so scheint es, neigen sich die Häuser wie im stillen Zwiegespräch einander zu. Gerade Wände und Winkel sucht man vergebens. Neben den ausdrucksstarken Farben ist es aber genau das, was diesem Bild Spannung sowie einen besonderen Reiz verleiht. Text: Dr. Ulrike Reinert
SchneelandschaftNachweislich war Hansl Bock durch die (Stief-)Eltern in Bayern viel unterwegs, vor allem am Ammersee durch den Kontakt zu Adolf Münzer. Es liegt nahe, dass sie auch weitere Ausflüge im Südbayerischen zu bestimmten, malerisch interessanten Landschaftspunkten unternommen hat, wie dieses Bild beweist. Beim Bergmassiv im Bild könnte es sich um eine Teilansicht der Kampenwand handeln (Nordseite von Aschau aus gesehen) oder um den Hochstaufen bei Bad Reichenhall. Es ist ein Winterbild mit tiefverschneiter Landschaft. Vom Vordergrund des Bildes führt ein leicht abfallender Hügel in sanfter, welliger Bewegung zum Bauerngehöft in der Bildmitte, von dort aus öffnet sich der Blick nach rechts, über eine Talsenke, hinüber zu den schneebedeckten Berggipfeln. Malerisch verschränkt Hansl Bock auf diese Weise zwei Bildebenen: Vordergrund und Hintergrund schieben sich keilförmig ineinander – ein klassisches Mittel in der Malerei um Tiefenraum zu schaffen. Die sich kreuzenden Konstruktionslinien treffen sich dabei im Bedeutungszentrum des Bildes, welches sich bei genauerem Hinsehen erschließt: fast exakt in der Bildmitte ist ein Kreuz auf einem Zwiebeltürmchen zu erkennen. An dieser Stelle befindet sich offenbar eine kleine Kapelle, verborgen im Wald, welche die Malerin subtil in das Bild rückt. Dieses religiöse Zeichen, in Verbindung mit der winterlichen Landschaft und dem einsam gelegenen Gehöft stellt das Gemälde in einen größeren ikonographischen Kontext aus Werden und Vergehen, Leben und Tod. Die Bilder von Hansl Bock sind meist gekennzeichnet durch die Abwesenheit des Menschen. Ihr Oeuvre, auch wenn es vereinzelt Darstellungen von Badenden an den Seen (v.a. Ammersee) gibt, besteht vorwiegend aus (Blumen-)Stillleben und aus Darstellungen von Landschaften, sowie Städtebildern, in denen Menschen eher selten vorkommen. Wollte man dieses Gemälde weiter interpretieren, so steht hier das von Menschenhand geschaffene Gebäude einsam der großen Weite und winterlichen Kälte der Natur gegenüber. Möglicherweise ein Spiegelbild, sowohl biographischer, wie auch zeitgeschichtlicher Begebenheiten. Bei der farbigen Gestaltung orientiert sich die Künstlerin unter anderem an den Lehren der Impressionisten: so gestaltet sie etwa die Schattenpartien farbig, in Tönen von Grau und Gelb. Auch die Berge im Hintergrund, die obere und hintere Partie des Gemäldes, wurde mit einer besonders lebhaften Farbgestaltung bedacht. Hier greift die Malerin, bei einem sehr pastosen Farbauftrag und den bereits bekannten strichelig hingesetzten Pinselstrichen, zu feinen Nuancen von Grün und Rosa-Tönen. Versucht man das Bild zeitlich einzuordnen, dann könnte das ein Hinweis sein. Denn sowohl die Malweise, wie auch der farbige Gesamteindruck dieser Landschaft entspricht der Palette, welche Hansl Bock bereits in ihrem Passau-Bild aus dem Jahre 1930 verwendete – möglicherweise stammt dieses Bild auch aus jener Zeit. Text: Dr. Ulrike Reinert

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