Ansicht von Passau

Hansl Bock, ohne Titel (Ansicht von Passau), 1930, signiert "Hansl Bock ´30", Öl auf Karton, 70 x 100 cm (o.R.), Privatbesitz, Salzburg, © privat
Für den Blick über Passau wählt die Malerin einen erhöhten Standpunkt, vermutlich vom Aussichtspunkt der Veste Oberhaus aus gesehen. Auf diese Weise entfaltet sich im Bild ein üppiges Panorama der Stadt mit dem Blick über die Donau hinweg auf eine der prominentesten Kirchen der Stadt, den Dom St. Stephan am linken oberen Bildrand.Die Stadt Passau war Hansl Bock damals bereits bestens bekannt. Ab 1919 besuchte Sie dort ihre Freundin und Malmitschülerin Paula Deppe, mit der sie die besten Ansichten der Stadt kennenlernen konnte. Entstanden ist das großformatige Städtebild im Jahr 1930, also zu einer Zeit, in der die Künstlerin bereits zu ihrem Stil gefunden hat. Nach ihren malerischen Anfängen, wo sie noch Orientierung suchte und verschiedene Einflüsse, wie etwa jene der französischen Malerei, in Hansl Bocks Gemälden der späten 10er und frühen 20er Jahren sichtbar werden, ist sie nun künstlerisch sicher geworden.Der Bildaufbau mit den großen Diagonalen, in welche sich das Stadtpanorama eingespannt zeigt, ist souverän gewählt und erzeugt Spannung. Die Malerei ist breit, pastos und expressiv. Mit dickem Pinsel werden die Farben aufgetragen. Lebhaft, fast schillernd oder funkelnd wie ein eingefasstes Schmuckstück wirkt der architektonische Ausschnitt der bunten Hausfassaden, die sich wie hingeworfene Würfel hintereinander und nebeneinander vor dem Blick des Betrachtenden aufbauen. Kräftige Ockertöne, helle und zarte Grünnuancen und immer wieder ein leuchtendes Blau als Akzent, vor allem um die im Schatten liegenden Partien zu betonen, beherrschen das Bild.Charakteristisch für Hansl Bocks gereiften Malstil sind die breit nebeneinander gesetzten Pinselstriche, welche der Oberfläche des Gemäldes zusätzlich eine Qualität der Lebendigkeit verleihen. Bei genauerer Betrachtung ergeben sich teils nahezu abstrakt wirkende Areale.Als weiteres Spannungsmoment, auch um Dynamik und Bewegung mit in das Bild hereinzuholen, dient im Vordergrund ein Lastkahn oder Ausflugsschiff, vermutlich ist es ein Raddampfer, ein von Hansl Bock gerne gewähltes Motiv, das sie auch in ihren frühen Paris-Bildern und in mindestens einer weiteren Ansicht von Passau verwendete. In der Entstehungszeit des Gemäldes befanden sich an dieser Stelle der Stadt die Landestege der Donaudampfschifffahrtsgesellschaft, von Hansl Bock schlicht als ockerfarbene Flächen, links vom Schiff aus gesehen, angedeutet.Im Gesamten zeigt uns die Malerin in ihrem Gemälde ein ausdrucksstarkes Städteportrait, welches in großzügiger Weise die architektonischen Gegebenheiten des Ortes zwar erfasst, jedoch ohne sich allzu sehr in naturalistischen Details zu verlieren.Text: Dr. Ulrike Reinert
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