Carl Ernst Morgenstern: Bildnis eines Malerfreundes

Franz Wilhelm Voigt, Carl Ernst Morgenstern, 1918, Öl auf Leinwand, Nationalmuseum Breslau (vgl. Fußnote)
Einige Jahre nach den Portraits von Paul Ehrlich, die Voigt 1910 als Auftragsarbeiten angefertigt hatte, entstand sein Bildnis des Malers Carl Ernst Morgenstern (1847-1928).Der aus München stammende Künstler hatte ab 1883 an der Kunstgewerbeschule in Breslau eine Professur für Landschaftsmalerei inne. Er war ein Vorreiter der Plein Air Malerei nach dem Vorbild der Künstlerkolonie Barbizon. Voigt studierte zunächst in Breslau, ehe er 1888 erstmals nach München kam. Somit ist es wahrscheinlich, dass sich die Wege von Morgenstern und Voigt in den frühen 1880er Jahren bereits kreuzten.Später kam Morgenstern öfter mit seinem Sohn Christian zum Malen nach Weßling. Hier war auch Voigt von Oktober 1889 bis März 1890 als Untermieter bei einer Familie Lehmann gemeldet.Vielleicht sind sich die beiden Maler dort wieder begegnet.Voigt malte den Künstlerfreund in der Ecke einer Laube sitzend, gekleidet in einen dreiteiligen Anzug mit Weste, Hose und Sakko.Über dem schwarzen Plastron, das von einer goldenen Nadel mit zentralem Edelstein geziert wird, blitzt ein weißer schmaler Hemdkragen hervor. Der distinguierte ältere Herr mit seinem gepflegten Bärtchen hält in der linken Hand eine Zigarre. Er trägt einen Siegelring. Mit der rechten zeichnet er in ein Skizzenbuch, das auf seinem rechten Knie liegt. Die üppige sommerliche Vegetation hinterfängt den in Gedanken versunkenen Künstler wie eine Blätterwand. Ellen Mey schreibt in ihrer Monographie über die Freundschaft der beiden Maler: „Der Kreis der Künstlerfreunde hatte sich merklich gelichtet, freundschaftliche Kontakte bestanden nach wie vor zu dem „Riesengebirgsmaler“ Carl Ernst Morgenstern [...]. Der ihm aus Studientagen bekannte Lehrer der Breslauer Kunstschule verbrachte nach dem Rückzug von seinem Lehramt 1913 und dem frühen Tod seines Sohnes, des Dichters Christian Morgenstern (1871-1914), die Sommermonate 1914 bis 1918 in Weßling. So hatte Voigt Gelegenheit, die alte Bekanntschaft wieder aufzufrischen“ (Mey, S. 21-22).Die Nachkommen Voigts vermuten, dass das Bildnis in Gauting aus Anlass des siebzigsten Geburtstags von Morgenstern am 14. September 1918 entstanden ist.Es wurde 1920 vom Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau angekauft und befindet sich heute im Nationalmuseum Breslau (Muzeum Narodowe we Wrocławiu). Dort konnten es der Großneffe des Malers und seine Frau 2010 besichtigen. Klebezettel auf der Rückseite belegen, dass das Bild nach Ende des Zweiten Weltkriegs zwischenzeitlich im Bestand des Nationalmuseums in Warschau war.Fußnote: Die Abbildung ist dem Buch von Ellen Mey entnommen.
LITERATURMey, Ellen: Der Maler Franz Wilhelm Voigt und die Künstlervereinigung „Scholle“, 69. Bericht des Nordoberfänkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde, Hof 2017.Stadtarchiv München, EWK 65 F 151, Einwohnermeldekarte, Gustav Franz Wilhelm Voigt und Barbara Voigt, geb. Wolf.Wendebourg, Eva-Andrea: Franz Wilhelm Voigt (1867-1949), Ein Maler der „Scholle”, Regensburg 2015.
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