
Franz Wilhelm Voigt
1867 - 1949Der Maler Franz Wilhelm Voigt war ein engagiertes Mitglied der Künstlergruppe „Scholle“.
Er war als Illustrator für die Zeitschrift „Jugend“ tätig und beteiligte sich bis Mitte der 1920er Jahre an zahlreichen Ausstellungen. Der unermüdlichen Recherche seines Großneffen und dessen Ehefrau ist es zu verdanken, dass der Maler dem Vergessen entrissen wurde. Etwa 160 Gemälde sind mittlerweile bekannt. Sie bilden vermutlich nur einen Teil des Gesamtwerks. Lesen Sie die Vita von Franz Wilhelm Voigt hier
Franz Wilhelm Voigt und Holzhausen
Metier:
Malerei
In Holzhausen:
1905 - 1908
Mitarbeit:
Künstlervereinigung Scholle
Kunstwerke & Geschichten
Ein Bild im TatortDie Nachfahren von Franz Wilhelm Voigt schauten am Sonntag, den 24.11.2019, den Tatort, „Baum fällt“, mit dem österreichischen Ermittlerteam Moritz Eisler und Bibi Fellner, gespielt von Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser, an.
Wirtschaftlich schwierige JahreFür die Zeit nach 1925 sind keine weiteren Ausstellungsbeteiligungen von Franz Wilhelm Voigt bekannt. Der Verkauf seiner Bilder gestaltete sich schwierig.
Voigt und die „Scholle“Franz Wilhelm Voigt spielte für die Künstlervereinigung „Scholle“ eine wichtige Rolle und engagierte sich über Jahre im Vereinsvorstand.
Die JünglingeDas Bild „Die Jünglinge“ nimmt in Voigts Werk eine Sonderstellung ein. Ist es möglicherweise ein gemalter Kommentar zum Hoecker Skandal?
Am BodenseeIn der Zeit zwischen 1917 und 1920 entstanden mehrere Gemälde mit Ansichten vom Bodensee.
Eine Villa in GautingGauting liegt etwa zwanzig Kilometer südwestlich von München und gehört zum Landkreis Starnberg. Hier verbanden sich eine ländliche Idylle und eine gute Verkehrsanbindung in die Kunstmetropole München. Schon seit 1854 gab es eine Bahnstrecke zwischen der Landeshauptstadt München und Starnberg.
HochzeiterinDas mittelformatige Gemälde „Hochzeiterin“, das sich im Besitz der Klinik Wartenberg (Oberbayern) befindet, zeigt eine einzelne weibliche Bildfigur im Dreiviertelprofil.
Voigt und die Zeitschrift „Jugend“1901 erscheint in der „Jugend“ der erste von rund 20 Beiträgen von Franz Wilhelm Voigt.
Die Wallfahrtskirche St. Rasso in GrafrathMehrfach malte Voigt Motive in der Nähe des Ammersees, so Landschaften an der Amper und im Ampermoos.
StadtansichtenDie Wiedergabe von topografisch klar identifizierbaren Orten findet sich im Werk von Franz Wilhelm Voigt mehrfach.
Ortschaften, wie Wasserburg am Bodensee, Gauting oder Reit im Winkl, wohin Voigt zusammen mit seiner Gattin im Zweiten Weltkrieg evakuiert war, boten ihm Motive, die er in zahlreichen Gemälden festhielt.
Bäuerliches LebenEin Motivkreis, der den Maler Franz Wilhelm Voigt in den Jahren 1901-1904 augenscheinlich besonders beschäftigte, war das bäuerliche Leben und die althergebrachten Bräuche der bayerischen Landbevölkerung.
Ein Portrait, das Fragen aufwirftNeben Landschaften gehören aussagekräftige, lebensnahe Portraits zu Voigts Hauptwerken.
In Reit im WinklAm Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Lage in der Stadt München durch ständige Bombenangriffe immer prekärer wurde, waren Voigt und seine Frau Betti von München nach Reit im Winkl evakuiert.
Die „Bauernhochzeit“In der Rubrik „Kunstchronik“ wird auf Seite 3 in den Münchner Neuesten Nachrichten vom 12. September 1910 eine Ausstellung in Brakls Moderner Kunsthandlung besprochen.
Voigt und Holzhausen: Die Geschichte vom KenternVermutlich kam Franz Wilhelm Voigt mit seinem Lehrer, Prof. Paul Hoecker, schon während seiner Studienzeit an der Akademie der Bildenden Künste München nach Holzhausen am Ammersee.
Carl Ernst Morgenstern: Bildnis eines MalerfreundesEinige Jahre nach den Portraits von Paul Ehrlich, die Voigt 1910 als Auftragsarbeiten angefertigt hatte, entstand sein Bildnis des Malers Carl Ernst Morgenstern (1847-1928).
Der aus München stammende Künstler hatte ab 1883 an der Kunstgewerbeschule in Breslau eine Professur für Landschaftsmalerei inne. Er war ein Vorreiter der Plein Air Malerei nach dem Vorbild der Künstlerkolonie Barbizon.
Voigt studierte zunächst in Breslau, ehe er 1888 erstmals nach München kam. Somit ist es wahrscheinlich, dass sich die Wege von Morgenstern und Voigt in den frühen 1880er Jahren bereits kreuzten.
Später kam Morgenstern öfter mit seinem Sohn Christian zum Malen nach Weßling. Hier war auch Voigt von Oktober 1889 bis März 1890 als Untermieter bei einer Familie Lehmann gemeldet.
Vielleicht sind sich die beiden Maler dort wieder begegnet.
Voigt malte den Künstlerfreund in der Ecke einer Laube sitzend, gekleidet in einen dreiteiligen Anzug mit Weste, Hose und Sakko.
Über dem schwarzen Plastron, das von einer goldenen Nadel mit zentralem Edelstein geziert wird, blitzt ein weißer schmaler Hemdkragen hervor. Der distinguierte ältere Herr mit seinem gepflegten Bärtchen hält in der linken Hand eine Zigarre. Er trägt einen Siegelring. Mit der rechten zeichnet er in ein Skizzenbuch, das auf seinem rechten Knie liegt. Die üppige sommerliche Vegetation hinterfängt den in Gedanken versunkenen Künstler wie eine Blätterwand.
Ellen Mey schreibt in ihrer Monographie über die Freundschaft der beiden Maler: „Der Kreis der Künstlerfreunde hatte sich merklich gelichtet, freundschaftliche Kontakte bestanden nach wie vor zu dem „Riesengebirgsmaler“ Carl Ernst Morgenstern [...]. Der ihm aus Studientagen bekannte Lehrer der Breslauer Kunstschule verbrachte nach dem Rückzug von seinem Lehramt 1913 und dem frühen Tod seines Sohnes, des Dichters Christian Morgenstern (1871-1914), die Sommermonate 1914 bis 1918 in Weßling. So hatte Voigt Gelegenheit, die alte Bekanntschaft wieder aufzufrischen“ (Mey, S. 21-22).
Die Nachkommen Voigts vermuten, dass das Bildnis in Gauting aus Anlass des siebzigsten Geburtstags von Morgenstern am 14. September 1918 entstanden ist.
Es wurde 1920 vom Schlesischen Museum der Bildenden Künste in Breslau angekauft und befindet sich heute im Nationalmuseum Breslau (Muzeum Narodowe we Wrocławiu). Dort konnten es der Großneffe des Malers und seine Frau 2010 besichtigen. Klebezettel auf der Rückseite belegen, dass das Bild nach Ende des Zweiten Weltkriegs zwischenzeitlich im Bestand des Nationalmuseums in Warschau war.
Fußnote: Die Abbildung ist dem Buch von Ellen Mey entnommen.
Der FliederstraußAm 30.03.1904 heiratete Franz Wilhelm Voigt nach sechsjähriger Verlobungszeit seine Frau Barbara, geb. Wolf (1873-1949).
Die Trauung fand nur standesamtlich statt.
In einem Brief an seinen älteren Bruder Hugo erwähnt Franz Wilhelm Voigt ein Jahr vor der Heirat:
„Tante M. [Voigts Pflegemutter Marie] schrieb mir zum ersten Male eine ernstliche Ermahnung zum heirathen! Habt ihr mit Tante über mich gesprochen? Hat Tante vielleicht auf dem Bilde mein Porträt mit Betti entdeckt?“ (Brief vom 31. Januar 1903)
Offenbar hatte die junge Frau Voigt schon mehrfach Model gestanden.
Zwei Jahre nach der Hochzeit entstand das Gemälde „Der Fliederstrauß“.
Barbara Voigt steht in einem fließenden, weißen Kleid mit V-Ausschnitt und bauschigen Ärmeln inmitten des saftigen, hohen Grases. In der rechten Hand hält sie einen weißen Fliederstrauß.
Voigt malt Betti als Dreiviertelfigur, ihre Gestalt ist etwa auf Kniehöhe vom Bildrand überschnitten. Sie steht in der rechten Bildhälfte und ist ins Dreiviertelprofil gedreht. Es scheint, als gehe sie auf den Maler zu.
Der Flieder und das hohe frischgrüne Gras lassen vermuten, dass das Bild im Mai entstanden ist.
Das Gemälde ist annähernd monochrom, aus Weiß- und frühlingshaften Grünvaleurs aufgebaut.
Voigt zeigt sich hier ganz in der Tradition des französischen Impressionismus.
Eine große Rolle spielt die Reflexion der Umgebung auf dem weißen Kleid. Das obere Drittel des Bildes ist deutlich dunkler. Das leicht verschattete Gesicht der Dargestellten wird von Bäumen hinterfangen.
Nicht selten hat der Maler seine Motive mehrmals variiert.
Zu diesem Gemälde existiert eine zweite Version, bei der die junge Frau von einem Baumstamm flankiert ist.
Fritz von Ostini schreibt in seiner Rezension zur „Scholle” in der Jahresausstellung im Münchener Glaspalast zu diesem Bild: „[...] eine Probe starken Fortschritts des Künstlers zu frischer farbiger Darstellung heißen, ebenso wie das sympathische Bildnis der jungen, weißgekleideten Frau mit dem Fliederstrauß im Garten“ (Ostini, S. 516).
Die Teufelsbrücke von CividaleIm Anschluss an sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste München reiste Franz Wilhelm Voigt 1896/1897, vermutlich alleine, nach Italien. Seine Reiseroute ist, so die Auskunft seiner Nachkommen, in etwa nachvollziehbar. Sein Weg führte ihn vermutlich über Villach und den Wurzenpass in die Gegend von Triest und Chioggia und schließlich nach Rom.
Das hier gezeigte Gemälde konnten die Nachkommen Voigts 2010 aus dem Kunsthandel erwerben.
Der Kunsthändler berichtete, das Bild stamme aus dem Besitz einer alten Dame, deren Vater Franz Wilhelm Voigt als Zahnarzt behandelt und als Honorar dieses Bild bekommen habe.
Es zeigt den Blick auf die Ponte del Diavolo in Cividale di Friuli.
Die Teufelsbrücke wurde um die Mitte des 15. Jahrhunderts erbaut. Sie spannt sich über eine Länge von 48 Meter über drei Brückenpfeiler von mehr als 20 Meter Höhe über die malerische Schlucht und ist das Wahrzeichen der Stadt. Rechts erhebt sich das gegenüberliegende Ufer des Natisone mit seinen Gebäuden. Links erhebt sich vor dem leuchtend blauen Himmel ein schlanker Campanile. Er gehört vermutlich zur Kirche San Francesco.
Dank der topografischen Genauigkeit lässt sich der Betrachterstandpunkt gut bestimmen.
Die Malweise ist locker, fast expressiv und gibt das südliche Licht gekonnt wieder.
Zur Datierung:
Die Entstehungszeit des Bildes, das links unten mit FW Voigt bezeichnet, aber nicht datiert ist, wirft einige Fragen auf.
Das Gemälde wurde zunächst mit Voigts Italienreise 1896/97 in Verbindung gebracht, oder angenommen, es sei später nach einer damals entstandenen Skizze entstanden.
Allerdings weisen die stilistischen Merkmale auf eine spätere Entstehungszeit hin. Eva Andrea Wendebourg datiert das Bild auf 1920, Ellen Mey auf 1929.
Im Zusammenhang mit den Recherchen zu einer dritten Version eines Portraits des Nobelpreisträgers Paul Ehrlich stellte sich heraus, dass der Auftraggeber, der Arzt Adolf Dessauer und seine Frau Lilly, um 1920 bei einer Italienreise den Maler Franz Wilhelm Voigt getroffen hatten.
Somit könnten die drei im Privatbesitz befindlichen Gemälde, „Die Lagune in Grado“, der „Hafen von Grado“ und eben die „Brücke in Cividale“ nach den Eindrücken dieser zweiten Italienreise Voigts ca. 1920 entstanden sein. Beide Orte liegen nur etwa 55 Kilometer auseinander.
Text: Regina M. Fischer