
Der Fliederstrauß
Franz Wilhelm Voigt, Der Fliederstrauß, um 1906, Öl auf Leinwand, 131 x 100 cm, © Kunstsammlung der Stadt Hof, Privatsammlung Wolfgang und Sabine RügerAm 30.03.1904 heiratete Franz Wilhelm Voigt nach sechsjähriger Verlobungszeit seine Frau Barbara, geb. Wolf (1873-1949).Die Trauung fand nur standesamtlich statt. In einem Brief an seinen älteren Bruder Hugo erwähnt Franz Wilhelm Voigt ein Jahr vor der Heirat:„Tante M. [Voigts Pflegemutter Marie] schrieb mir zum ersten Male eine ernstliche Ermahnung zum heirathen! Habt ihr mit Tante über mich gesprochen? Hat Tante vielleicht auf dem Bilde mein Porträt mit Betti entdeckt?“ (Brief vom 31. Januar 1903)Offenbar hatte die junge Frau Voigt schon mehrfach Model gestanden. Zwei Jahre nach der Hochzeit entstand das Gemälde „Der Fliederstrauß“. Barbara Voigt steht in einem fließenden, weißen Kleid mit V-Ausschnitt und bauschigen Ärmeln inmitten des saftigen, hohen Grases. In der rechten Hand hält sie einen weißen Fliederstrauß. Voigt malt Betti als Dreiviertelfigur, ihre Gestalt ist etwa auf Kniehöhe vom Bildrand überschnitten. Sie steht in der rechten Bildhälfte und ist ins Dreiviertelprofil gedreht. Es scheint, als gehe sie auf den Maler zu.Der Flieder und das hohe frischgrüne Gras lassen vermuten, dass das Bild im Mai entstanden ist.Das Gemälde ist annähernd monochrom, aus Weiß- und frühlingshaften Grünvaleurs aufgebaut. Voigt zeigt sich hier ganz in der Tradition des französischen Impressionismus. Eine große Rolle spielt die Reflexion der Umgebung auf dem weißen Kleid. Das obere Drittel des Bildes ist deutlich dunkler. Das leicht verschattete Gesicht der Dargestellten wird von Bäumen hinterfangen.Nicht selten hat der Maler seine Motive mehrmals variiert. Zu diesem Gemälde existiert eine zweite Version, bei der die junge Frau von einem Baumstamm flankiert ist. Fritz von Ostini schreibt in seiner Rezension zur „Scholle” in der Jahresausstellung im Münchener Glaspalast zu diesem Bild: „[...] eine Probe starken Fortschritts des Künstlers zu frischer farbiger Darstellung heißen, ebenso wie das sympathische Bildnis der jungen, weißgekleideten Frau mit dem Fliederstrauß im Garten“ (Ostini, S. 516).LITERATURKat. Ausst. Leo Putz, Max Feldbauer und der Kreis der „Scholle“ und „Jugend“ in Dachau um 1900, Dachau 1989, Abb. Kat.Nr. 30.Kat. Ausst. Leo Putz, 1869-1940: Gedächtnisausstellung zum 40. Todestag, Bozen 1980.Mey, Ellen: Der Maler Franz Wilhelm Voigt und die Künstlervereinigung „Scholle“, 69. Bericht des Nordoberfänkischen Vereins für Natur-, Geschichts- und Landeskunde, Hof 2017, S. 17, 36.Ostini, Fritz von: Die „Scholle“ im Münchener Glaspalast 1906, in: Die Kunst für Alle, Malerei, Plastik, Graphik, Architektur 21 (1906), Nr. 22, S. 505-516.Stadtarchiv München, PMB F211, Polizeimeldebogen, Franz Wilhelm Voigt und Barbara Voigt, geb. Wolf.Wendebourg, Eva-Andrea: Franz Wilhelm Voigt (1867-1949), Ein Maler der „Scholle”, Regensburg 2015.Teilen