Paris - Montmartre
Hansl Bock, ohne Titel (Paris/Montmartre), 1927, signiert "Hansl Bock ´27", Öl auf Karton, 50 x 66 cm (o.R.), Privatbesitz, Salzburg, © privatWie wir aus der Biografie der Malerin wissen, unternahm Hansl Bock in den 20er Jahren gemeinsam mit ihrem Lehrer Julius Seyler eine Reise nach Paris. Unterschiedlichen Quellen zufolge war das entweder 1924 oder aber 1927. Da die zugänglichen Paris-Bilder der Künstlerin jedoch entweder 1927 oder 1929 entstanden sind, liegt die Vermutung nahe, dass der Beginn der Reise wohl eher in das Jahr 1927 fällt.In Paris beginnt eine äußerst fruchtbare und spannende Phase im Werk der Künstlerin. Gemeinsam mit Seyler unterhält sie ein Atelier. Sie setzt sich mit den Werken der großen Maler der klassischen Moderne, jenen von Henri Matisse, Paul Gaugin und Maurice Utrillo auseinander. Ihre Malweise ist expressiv, die Farben beginnen zu leuchten, der Pinselstrich wird lebendig, kurz und strichelig. Das hier gewählte Motiv, sehr wahrscheinlich ist es ein Blick in die Rue de l´Abreuvoir am Montmartre, war ein äußerst beliebter Ansichtspunkt für die Maler der Zeit. Allein von Maurice Utrillo gibt es zahlreiche Ansichten dieser Straßenkreuzung zu unterschiedlichen Tages- und Jahreszeiten.Hansl Bock fängt in ihrem Bild eine umtriebige Szenerie ein, wohl mitten am Tage.Fußgängergruppen, ein Karrenwagen mit Pferd oder Esel, ein Automobil und eine traversierende, die Kreuzung überquerende schwarze Katze, beleben das Motiv. Die Straße, welche sich im Halbrund um eine hohe Mauereinfassung legt, gleicht einem großen, offenen Platz, dessen Fläche sich von links kommend in der Form eines Rechtecks als Bühne für das Geschehen gleichsam anbietet. Die Wahl für die Farben der Häuser, die sich vom Vordergrund rechts hinauf eng aneinander schmiegen, ist bunt. Blau, Rosa und Gelb folgen aufeinander. Der Charakter der Großstadt Paris nimmt hier das typisch dörfliche Flair des Montmartre an, mit idyllischer und beschaulicher Wirkung. Die Natur bleibt zurückgedrängt hinter den Mauern und zeigt sich bei den Bäumen teils belaubt mit üppigem Grün, teils auch kahl. Deren Äste zeichnen schwarze Lineaturen in den zartblau gehaltenen Himmel über der Stadt. Die Künstlerin wählt zwar eine nach oben und hinten fluchtende Perspektive, so verjüngt sich etwa die Straße nach oben und hinten links im Bild, um dort schließlich ganz zu verschwinden. Dennoch gerät das Gemälde im Gesamten flächig. Hansl Bock knüpft hier gekonnt an die Erfindungen der Fauvisten und Expressionisten an, welche sich zugunsten der Bildwirkung einer akademisch korrekten Verwendung der Perspektive verweigerten. Im Gemälde der Künstlerin, so scheint es, neigen sich die Häuser wie im stillen Zwiegespräch einander zu. Gerade Wände und Winkel sucht man vergebens. Neben den ausdrucksstarken Farben ist es aber genau das, was diesem Bild Spannung sowie einen besonderen Reiz verleiht.Text: Dr. Ulrike ReinertTeilen